Paketboten packen aus – auch prosaisch: Die Theatergruppe Café Fuerte widmet sich dem Bestellwahn.

Laurenz Feinig

Es erscheint einem immer noch unfassbar, dass in Vorarlberg wieder Theater gespielt werden darf. Ringsherum und im Rest des Landes gilt für die Kultur: Lockdown. Im Bregenzerwald fand am Donnerstagabend die lange verschobene Österreich-Premiere Pakete Pakete statt. Die Eigenproduktion der Vorarlberger-Schweizer Gruppe Café Fuerte hatte im vergangenen November Uraufführung in der Schweiz gefeiert. "Wir gehören zu den Glückspilzen", sagt Mitgründerin und Regisseurin Danielle Fend-Strahm. "In der Schweiz durften wir mit als Letzte spielen und jetzt in Vorarlberg mit als Erste wieder auftreten."

Café Fuerte

Dass Café Fuerte fast immer draußen inszenieren, passt in Pandemiezeiten umso besser. Maskenpflicht und Testnachweis gelten natürlich trotzdem. Vor zehn Jahren haben Danielle Fend-Strahm und Tobias Fend ihre Gruppe gegründet, mit dem Fokus auf ortsspezifisches Theater. Ihre aktuelle Produktion Pakete Pakete ist das Stück der Stunde: Lange vor Pandemie und Lockdown geplant, wurde das Stück von der Wirklichkeit eingeholt und nach einem Jahr des Bestell- und Lieferwahns nun noch aktueller.

In Hittisau spielen Café Fuerte im Dorfzentrum hinter dem Gasthof Krone, einem idyllischen Unort. Im Bregenzerwald liegt noch Schnee, die Truppe musste den Kiesplatz vom Eis freipickeln. Für jeden Zuschauer liegt eine Decke auf dem Stuhl. 50 sind gekommen, für 70 würden sie spielen, sagt Regisseurin Danielle Fend-Strahm.

Paketbotenberichte

Autor Tobias Fend lässt vier Paketboten von ihrem unbarmherzig getakteten, ausbeuterischen Arbeitsalltag erzählen – und von ihren Träumen. Schlagzeuger Florian Wagner treibt das Geschehen mit drängendem, forderndem Beat an. Sprache und Bewegung fließen ineinander. "Paketdienste sind umgedrehte Müllabfuhren. Nur ist der Müll bei uns noch verpackt", sagt Bote Harry. Und während wir alle im Lockdown eins ums andere bestellen und liefern lassen, drehen die Boten in Fends Stück fast schon durch.

Sie werden von Expresslieferung zu Expresslieferung gehetzt, noch 182 Pakete im Wagen, hier macht niemand auf, dort vergisst jemand zu unterschreiben, treppauf, treppab schwere Bestellungen schleppen, ein Kätzchen wird angefahren, Botin Silvia bangt wegen eines geklauten Lippenstiftes um ihren Job, und Bote Harry träumt davon, alle Pakete in einen großen Häcksler zu stopfen – immer absurder und grotesker wird die Handlung.

Liebenswert-skurril zeichnen Tobias Fend und Danielle Fend-Strahm diese vier Typen, die alle an ihrem Job hängen, ihn brauchen und dabei fast draufgehen. Und die mit Witz darum kämpfen, ihre Würde zu bewahren. (Julia Nehmiz, 27.3.2021)