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In der CDU betont man, Laschet habe das erste Zugriffsrecht ...

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... während die CSU die guten Umfragewerte Söders preist.

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Nach mehr als einem Jahr Pandemie sind in Deutschland auch Politiker müde. Sich in die Osterferien retten und endlich ein bisschen ausspannen. So lautete für viele die Devise.

Danach – zwischen Ostern und Pfingsten – wollten die beiden Parteichefs Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) die Frage der Kanzlerkandidatur klären, eher näher an Ostern als an Pfingsten, wie es Laschet formulierte.

Doch der Druck ist gestiegen, seit Kanzlerin Angela Merkel den Deutschen zunächst einen harten Osterlockdown in Form von neuen "Ruhetagen" verordnen wollte, das Vorhaben aber nach nur einem Tag wieder kippte, weil auch sie einsehen musste, dass es praktisch undurchführbar wäre.

Zwar hat sie sich für den Schwenk wortreich entschuldigt, ihre Autorität hat aber schwer gelitten. Man geht in Berlin davon aus, dass Merkel noch wie geplant bis zur Bundestagswahl am 26. September durchhalten wird, doch sie gilt als angezählt.

In dieser Situation müsste es einen starken Kanzlerkandidaten der Union geben, um den Blick nach vorn zu richten. Doch dies ist mitnichten der Fall. Laschet und Söder rittern immer noch um die Kandidatur. Beide wissen, dass sie ihre Stärken haben – aber auch ihre Defizite.

1. Politische Erfahrung

Regierungserfahrung können beide vorweisen. Markus Söder (53) war in Bayern schon Umwelt und Finanzminister. Im März 2018 wurde er Ministerpräsident von Bayern.

Seine Regentschaft allerdings begann mit einem Makel: Er verlor bei der Landtagswahl ein halbes Jahr später die absolute CSU-Mehrheit und musste eine Koalition mit den Freien Wählern eingehen.

Söder aber gelang es, für die Verluste seinen Vorgänger, Horst Seehofer, verantwortlich zu machen. Im Jänner 2019 beerbte Söder Seehofer auch als CSU-Vorsitzender.

Armin Laschet (60) ist seit 2017 Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, er löste an Rhein und Ruhr eine rot-grüne Regierung ab, was ihm viel Respekt einbrachte. Seit 2017 regiert er mit der FDP.

Im Rennen um den Parteivorsitz zeigte er sich zögerlicher als Söder, der jahrelang dafür gekämpft hatte. Als Angela Merkel sich 2018 als CDU-Chefin zurückzog, trat Laschet nicht an.

Erst als Annegret Kramp-Karrenbauer hinwarf, bewarb er sich und setzte sich im Jänner 2021 gegen Norbert Röttgen und Friedrich Merz durch.

2. Machtbasis

Wir stehen wie ein Mann hinter Markus Söder – so lautet die Devise in der CSU. Söder ist zwar nicht Ministerpräsident oder Parteichef der Herzen, aber er genießt mittlerweile hohen Respekt.

Das war nicht immer so. Früher erschien er vielen zu aggressiv und flegelhaft. Als Kanzlerkandidat müsste er natürlich sehr viel mehr Menschen motivieren als solche, die ein CSU-Parteibuch haben. Sein Problem: Er hat keine dezidierten Fürsprecher bei der großen Schwester CDU.

Das ist der Unterschied zum Jahr 2002. Damals wollten viele CDU-Spitzenmänner Angela Merkel als Kanzlerkandidatin verhindern und unterstützten den Bayern Edmund Stoiber, der dann auch Kanzlerkandidat wurde, aber letztendlich an Gerhard Schröder (SPD) scheiterte.

Der eine oder andere Konservative in der Union, der sich Friedrich Merz als CDU-Chef gewünscht hätte, dürfte knapp 20 Jahre später schon mit Söder liebäugeln. Aber es ist keine breite Kampagne "CDU für Söder" in Sicht. Man brennt dort zwar auch nicht unbedingt für Laschet, aber seine Kandidatur gilt vielen nicht als totale Fehlentscheidung.

Außerdem tun sich viele in der CDU schwer, dem Chef der deutlich kleineren Schwesterpartei CSU den Vortritt zu lassen. Das kratzt am Selbstwert.

3. Merkels Politik

Sehr lange Zeit herrschte in der CDU die Meinung, man sei mit der Politik Angela Merkels gut gefahren, daher solle auch ihr Nachfolger diese bewahren. Armin Laschet hätte damit grundsätzlich wenig Schwierigkeiten.

Er hat auch Merkels Asylpolitik unterstützt und sich für die Aufnahme der vielen Geflüchteten im Jahr 2015 ausgesprochen. Markus Söder hingegen pochte, wie alle anderen in der CSU, auf eine Obergrenze bei der Aufnahme von Flüchtlingen.

Grundsätzlich unterstellen viele der CSU nicht zu Unrecht, es gehe ihr weniger um ganz Deutschland, sondern darum, in Berlin etwas für Bayern herauszuschlagen. In der Pandemiebekämpfung hingegen sind sich Söder und Merkel in ihrem gestrengen Kurs sehr einig, Laschet gilt als lockerer.

4. Koalitionen

Eines ist gewiss: Sowohl Armin Laschet als auch Markus Söder würden nie mit der Linkspartei und nie mit der AfD koalieren. Laschet, der in Nordrhein-Westfalen mit der FDP regiert, könnte auf Bundesebene natürlich im Falle einer solchen Koalition seine Erfahrung einbringen.

Markus Söders geräuschloses Regieren mit den Freien Wählern in Bayern ist kein Bonus für Berlin, die Freien Wähler existieren auf Bundesebene schlicht nicht.

Doch für Schwarz-Gelb (Union/FDP) dürfte es im Herbst rechnerisch im Bund nicht reichen. Infrage kämen Schwarz-Grün oder Grün-Schwarz, je nach politischer Stärke am Wahltag.

Den Grünen steht Laschet eindeutig näher. Doch Söder ist seit Amtsantritt als Ministerpräsident auch grüner geworden, er hat dem Freistaat mehr Ökologie verordnet. Eine Neuauflage der großen Koalition mit den Sozialdemokraten lehnt Söder ab, Laschet ebenso.

5. Umfragen

Einer der Hauptgründe, warum Markus Söder überhaupt ernsthaft im Rennen um die schwarze Kanzlerkandidatur ist, zeigt sich mit Blick auf seine guten Umfragewerte.

Seine persönlichen Umfragewerte sind höher als jene von Laschet. Auch in der Frage, wer Kanzlerkandidat werden soll, liegt er in allen Umfragen vor Laschet. Andererseits: Es bestehen große Zweifel, ob ein Bayer im Norden Deutschlands begeistern und mobilisieren kann. (Birgit Baumann aus Berlin, 28.3.2021)