Big Spender auch im Sportrechtegeschäft: Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz, hier bei einem Spiel von Red Bull Salzburg 2020.

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Red Bull ist ernsthaft interessiert an den TV-Rechten für die Fußballeuropameisterschaften 2024 und 2028: Diese STANDARD-Infos vom Freitag erhärteten sich am ersten Formel-1-Wochenende des Red-Bull-Senders Servus TV. Die Euro 2024 und 2028 wurden, wie berichtet, von der Uefa ausgeschrieben. Sie wären eine spektakuläre, aber auch originelle Fortsetzung der großen Sportrechte-Shoppingtour von Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz. Und was würde das für den ORF bedeuten?

Sportrechtekosten Richtung 100 Millionen Euro

Red Bull und sein Boss Dietrich Mateschitz haben für Servus TV in den vergangenen Monaten – geschätzte – mehr als 50 Millionen Euro für große Sportrechte lockergemacht: die Formel 1, Champions League, Europa League und Conference League, Tennisrechte mit Dominic Thiem und einige etwas kleinere Formate mehr. Die Rechtekosten-Schätzung müsste mit zwei Fußballeuropameisterschaften Richtung 100-Millionen-Marke hochgerechnet werden.

In Deutschland hat die Deutsche Telekom/Magenta kolportiert bis zu 250 Millionen für die Euro-Rechte an der Heim-Europameisterschaft bezahlt und einen wesentlichen Teil der Rechte schließlich an ARD, ZDF und RTL sublizenziert. Hier wie dort müssen Spiele der Nationalmannschaften bei Fußballwelt- und -europameisterschaften im Free TV laufen. Servus TV erfüllt das Kriterium als Free-TV-Sender.

"... ob das finanziell im Rahmen liegt"

Servus-Sportmanager David Morgenbesser erklärte 2020 im STANDARD-Interview zu Rechten an Spielen der Nationalmannschaft mit Verweis auf den Magenta-Kauf der Euro-2024-Rechte für Deutschland: "Wir müssen wieder schauen, ob das Nationalteam ins Programm passt, ob wir zu diesen Zeiten Sendeplätze haben und ob das finanziell im Rahmen liegt. Wir überbezahlen keine Rechte."

Überbezahlen ist in der Red-Bull-Welt ein dehnbarer Begriff; der Rahmen für Sportrechte bei Servus TV wirkte schon in den vergangenen Monaten recht weit gesteckt.

"Kein Kommentar zu laufenden Ausschreibungen"

Der europäische Fußballverband Uefa wollte sich am Freitag auf STANDARD-Anfrage nicht einmal die Ausschreibung der Rechte für die Euro 2024 in Deutschland und den Bewerb 2028 äußern: "Kein Kommentar zu laufenden Ausschreibungen." Da dürfte die Rechtevergabe, wenn sie überhaupt noch gelaufen ist, auf den allerletzten Metern unterwegs gewesen sein.

Von Servus TV kam dazu am Freitag die übliche Stellungnahme zu Fragen, ob der Red-Bull-Sender an Rechten interessiert ist und/oder mitbietet: Man sei "stets an attraktiven Sportrechten interessiert", mehr gab es dazu wie üblich nicht.

Der ORF ließ dazu am Freitag nur einen Hauch konkreter ausrichten: Der ORF habe – nicht überraschend – ein Angebot für die Rechte an den Euros 2024 und 2028 sowie Spiele der Nationalmannschaft in diesem Zeitraum" abgebeben. Ebenso für die Skirechte des ÖSV – ein nächstes lohnendes Ziel.

Quotenturbo, GIS-Frage, Werbung

Was würde ein Verlust der Euro nach 2021 für den ORF bedeuten? Für die Quoten von ORF 1 jedenfalls nichts Gutes, das zeigt ein Blick zurück zur Euro 2016 in Frankreich. Die drei meistgesehenen Sendungen des Jahres im ORF (und im österreichischen Fernsehen insgesamt) lieferte die Fußball-EM. Das Finale kam ebenfalls unter die Top Ten des Jahres und hatte mehr Zuschauer als die stärksten Skibewerbe.

Die Preisfrage

Bei diesem – jedenfalls 2016 dokumentierten – gewaltigen Publikumsinteresse müsste sich der ORF wohl wie bei der Bundesliga und anderen nicht mehr verfügbaren Sportrechten auf neue Gebührenfragen einstellen, sollte er Fußballeuropameisterschaften nicht mehr zeigen können. Zum Beispiel, weil Servus TV ihn im Rechtepoker überbietet.

Der absehbare Ärger: Wozu zahle ich GIS, wenn ich dafür (zum Beispiel) die Euro 2024 nicht mehr im ORF sehen kann?

Die Frage wäre umgekehrt aber ebenso gerechtfertigt. Zieht der ORF bei seinen Geboten für Sportrechte mit und überbietet private Mitbewerber, könnten GIS-Zahler oder GIS-Kritiker einwenden: Kann er sich mit Gebühren einfach jeden Preis leisten, koste es, was es wolle? Immerhin umfasst der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF, für den er Rundfunkgebühren kassieren darf, etwas mehr als Sport.

Beschwerden nicht zum Zug gekommener Privatsender bei Medien- und Kartellbehörden bringt das jedenfalls ein – wie etwa 2014, als der ORF ProSiebenSat1Puls4 die Rechte an der Champions League für ein paar Jahre abjagte.

Umwegrentabilität

Und spielen solche Mega-Quoten wie bei einer Euro nicht die Kosten locker mit Werbung ein? Die Erfahrung der Vermarkter zeigt: Deutlich zweistellige Millionenbeträge an Rechtekosten plus Redaktions- und Produktionsaufwand drumherum lassen sich mit der Werbung um solche Events nicht direkt wieder hereinspielen, sagen jedenfalls Branchenkenner. Bestehende Kunden reagierten sogar skeptisch auf solche Großevents und hielten sich da mit Werbung eher zurück.

Aber: Die Reichweiten und damit das Image des jeweiligen Senders lassen solche Großevents natürlich strahlen, das lässt sich dann auch in der Werbevermarktung verwerten – eine Umwegrentabilität also.

Ski-Rechte, Bundesliga

Die nächsten Möglichkeiten für Dietrich Mateschitz, mit Servus-TV-Chef Ferdinand Wegscheider und Sportrechtemanager David Morgenbesser den Rahmen noch ein Stück weiter zu stecken: Der ÖSV hat die Rechte an alpinen, nordischen, Snowboard- und Freestyle-Bewerben ab 2022/23 ausgeschrieben. Ein mögliches Investment für weitere zweistellige Millionenbeträge. "Ski alpin ist ein tolles Recht", fand Morgenbesser "persönlich betrachtet" im STANDARD-Interview.

Der Sky-Vertrag mit der österreichischen Bundesliga läuft nur noch bis zur Saison 2021/22. Red-Bull-Sportrechtemanager Morgenbesser dazu: "Grundsätzlich ist die österreichische Bundesliga natürlich ein spannendes Recht, das man sich ansehen muss."

Sponsor Coca-Cola

Spektakulär wäre ein Kauf der Euro 2024 und 2028 für Servus TV naturgemäß, aber auch originell: Hauptsponsor der Uefa ist seit mehr als drei Jahrzehnten und jedenfalls noch für die auf heuer verschobene Euro 2020 just Red-Bull-Konkurrent Coca-Cola. (fid, 28.3.2021)