2019 hätte die FMA einen Alleinvorstand bekommen sollen, der Posten von Helmut Ettl (links; rechts: Klaus Kumpfmüller) wäre weggefallen.

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Finanzminister Gernot Blümel bäckt kleine Brötchen, wenn es um die Reform der Bankenaufsicht geht. Nach der Pleite der Commerzialbank Mattersburg hat er eine "Arbeitsgruppe Bankenaufsicht" eingesetzt, dabei waren die Aufseher aus FMA und Oesterreichischer Nationalbank (OeNB) sowie der auf Banken spezialisierte WU-Professor Stefan Pichler. Am Donnerstag gab Blümel die erarbeiteten Verbesserungsvorschläge bekannt. Wie berichtet sollen etwa die für Banken tätigen Wirtschaftsprüfer nach sieben statt bisher zehn Jahren wechseln, die FMA soll neben Vorstands- auch Aufsichtsratsmitglieder abberufen können, internen Revisoren sollen arbeitsrechtlich besser geschützt werden.

Von einer großen Aufsichtsreform, wie sie die ÖVP-FPÖ-Koalition im Frühling 2019 auf den Weg bringen wollte, ist keine Rede. Damals sollte die Aufsicht bei der FMA zusammengeführt werden. Und: Man wollte einen FMA-Alleinvorstand installieren.

Rot und schwarz/türkis

Zur Orientierung: Die FMA hat zwei Vorstandsmitglieder, das Finanzministerium nominiert eines, die OeNB das andere. Der Entwurf sah vor, dass die OeNB ihr Nominierungsrecht Ende 2019 verliert, womit Helmut Ettl (SPÖ; sein Vertrag läuft bis 2023) seinen Job verloren hätte. Klaus Kumpfmüller (ÖVP; heute Chef der Hypo Oberösterreich) wäre geblieben. Dafür hätten Exekutivdirektoren installiert werden sollen. Das Platzen der Regierung brachte das umstrittene Vorhaben zu Fall, im Regierungsprogramm der türkis-grünen Koalition ist eine Bankenaufsichtsreform nicht vorgesehen.

Wie die Reform 2018/19 unter Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) vorbereitet wurde, das erhellte sich jüngst im Ibiza-U-Ausschuss bei der Aussage von Cofag-Chef Bernhard Perner, der damals im Kabinett fürs Thema zuständig war. Seinen Schilderungen war zu entnehmen, dass das Ministerium intensiv mit der FMA in Kontakt war. Konkret mit Kumpfmüller, einst im Kabinett von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) und 2013 in den FMA-Vorstand gekommen.

Draht in die Notenbank

Das "Positionspapier" der Banken zur Reform etwa, das der damalige Sparten-Obmann Andreas Treichl (damals auch Erste-Group-Chef) an Kanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Löger übergab und das auch Perner bekommen hatte, leitete er an Kumpfmüller weiter. Warum genau, daran konnte er sich nicht mehr erinnern. Er habe meistens mit Kumpfmüller kommuniziert, das heiße aber nicht, dass nicht auch Ettl die Informationen bekommen habe, zeigte sich die Auskunftsperson überzeugt.

Dem U-Ausschuss sind laut SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer aber ausschließlich Kumpfmüller-Perner-Mails bekannt, keine einzige an oder von Ettl. In der OeNB kommunizierte Perner vor allem mit dem im Direktorium für Aufsichtsagenden zuständigen Andreas Ittner (ÖVP). Mit Parteizugehörigkeit habe all das nichts zu tun gehabt, beteuerte Perner, er habe niemanden ausgeschlossen und schätze auch Ettl sehr. Er ist seit 2008 im Vorstand der Finanzmarktaufsichtsbehörde.

Früh/spät über FMA-Alleinvorstand informiert

In das Vorhaben, dessen Posten per Gesetz zu kippen, weihte er ihn nicht ein, Kumpfmüller (er war 2013 in die FMA gekommen) aber schon. Bereits Mitte September 2018 diskutierte Perner in einer Mail an Kumpfmüller den Ministerratsvortrag und schlug als Text vor: ,Der Vorstand der FMA wird auf eine Person verkleinert.‘"

Im Ministerratsvortrag von November kam die Passage dann freilich nicht mehr vor. Sie tauchte erst im Gesetzesentwurf von April 2019 wieder auf. Da wurde dann auch Ettl über die ihn betreffende Neuigkeit informiert: Löger, der gerade auf Road-Show in den USA war, rief ihn aus New York an, kurz bevor er die Öffentlichkeit über die (vermeintlich) bevorstehende Reform ins Bild setzte.

Sideletter zum Thema Aufsicht?

Kumpfmüller und der damalige Kabinettsmitarbeiter tauschten sich recht oft vor, wobei der FMA-Manager auch Vorschläge im Umgang mit dem blauen Koalitionspartner machte. Etwa in der Zeit, als Kumpfmüller rund um die geplante Reform Best-Practice-Modelle fürs Ministerium "raussuchte", wie es Grün-Mandatarin Nina Tomaselli beschrieb. In einer Mail an Perner riet der FMA-Chef: "Ich denke, man sollte sich nicht unter Druck setzen lassen und sich darauf zurückziehen, was im Sideletter steht (...)". Näheres zum Inhalt einer solchen Nebenvereinbarung der Regierungspartner war im U-Ausschuss nicht zu erfahren. Perner konnte sich "nicht daran erinnern, dass ich so ein Schriftstück gehabt hätte".

Warum das türkise Finanzministerium bei den Vorarbeiten zur Reform selektiv informiert hat, das wird unterschiedlich eingeordnet. Perner soll einräumen, dass er mehr mit Kumpfmüller kommuniziert hat, der soll aber auch aktiver auf ihn zugegangen sein. Kumpfmüller pflegt angeblich zu argumentieren, er als vom Finanzministerium nominierter Vorstand haben eben den Kontakt zum Ministerium gehalten. Zudem habe es ja Arbeitstreffen zwischen Ministerium, FMA und OeNB gegeben. Dass er schon im Herbst 2018 von der geplanten Installierung eines Alleinvorstands erfahren habe, soll er bestreiten. (Renate Graber, 27.3.2021)