Der Kriminalbiologe Mark Benecke erklärt in einem Youtube-Video, wie es zum Irrglauben kommt, dass als "Morgellons" bezeichnete Parasiten existieren würden.

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Dass das Coronavirus und die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie gefundenes Fressen für Verschwörungserzähler sind, hat sich schon vor Monaten gezeigt. Maßnahmenkritik verunsicherter Menschen vermischt sich dabei häufig mit kruden Verschwörungsmythen. Seit kurzem ist eine neue Erzählung im Umlauf, die auf Telegram verbreitet wird. Laut ihr sind Covid-19-Tests und Mundschutzmasken mit genetisch modifizierten Parasiten namens "Morgellons" präpariert, die krank machen würden – obwohl es sich in Wirklichkeit bloß um Fussel handelt.

In einem Facebook-Video mit fast 40.000 Klicks kann man zum Beispiel einer Frau dabei zusehen, wie sie ein Teststäbchen mit der Pinzette auseinanderzupft. Dabei erkennt sie, dass es nicht ausschließlich aus Watte besteht, sondern sich auch silberne Fäden darin befinden. Diese scheinen sich zu bewegen und – wie sie sagt – miteinander zu kämpfen, berichten die Faktenchecker von "Mimikama". Die Tests stammen aus einem FLOQ-Swab-Testkit und bestehen neben Baumwolle auch aus Polyester und Viskose, Materialien, die beide silbrig glänzen.

Elektrostatische Aufladung

Dass sich die Fasern des zerzupften Wattestäbchens im Video bewegen, hat mehrere Gründe. Genetisch veränderte Parasiten gehören jedoch nicht dazu. Neben kleinsten Luftzügen und Handbewegungen der Frau ist die offensichtlichste Erklärung nämlich schlicht elektrostatische Ladung. Denn insbesondere Polyester ist dafür bekannt, sich aufzuladen, so die Faktenchecker. Deshalb ziehen sich auch die Fäden gegenseitig an.

Dr. Mark Benecke's Official Youtube Channel

Der Glaube an "Morgellons" ist dabei aber keinesfalls neu. Auch Verschwörungserzähler nutzen den Mythos schon seit Jahren als Schreckgespenst. Anhänger bezeichnen sie als Tierchen oder lebendige Fasern, die sich unter der Haut festsetzen würden und dadurch krank machen sollen. Wissenschaftlich wird der Glaube daran meist auf eine psychiatrische Störung zurückgeführt. Insbesondere bei Hypochondern sei die Erkrankung häufig zu beobachten.

Keine Lebewesen zu finden

Im Falle der Teststäbchen und Schutzmasken scheinen nun zahlreiche Hobbywissenschafter unter dem Mikroskop kleine Fussel zu finden, die sich manchmal bewegen, wenn sie angehaucht werden oder mit Wasser in Berührung kommen. Im Gegensatz zu leblosen Baumwoll- oder Polyesterfasern befinden sich jedoch insbesondere mikroskopisch kleine Lebewesen in ständiger Bewegung, die bei Betrachtung unter dem Mikroskop leicht ersichtlich wäre. Ein Reiz, um diese auszulösen, wäre hingegen nicht notwendig. Hobbylaboranten haben zudem nur im seltensten Fall ein steriles Labor zu Hause.

Wieso aber lebloses Material sogar bei Betrachtung unter dem Mikroskop für lebendig gehalten werden kann, erklärt der bereits seit 20 Jahren praktizierende Kiminalbiologe Mark Benecke in einem Youtube-Video. Als Beispiel zeigt er dabei mehrere Objekte, die unter einem normalen Mikroskop tatsächlich lebendig wirken, sich bei näherer Betrachtung jedoch als mikroskopisch kleine Pflanzenteile oder Kleidungsfasern entpuppten. Genetisch veränderte Parasiten auf Corona-Tests existieren hingegen nicht. Genauso wenig wie "Morgellons". (mick, 28.3.2021)