Justizminister Christian Porter, Verteidigungsministerin Linda Reynolds und Premier Scott Morrison (v. li.) in einer wenig schmeichelhaften Darstellung auf einem Protestplakat.

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Nachdem zwei verschiedene Vergewaltigungsvorwürfe das australische Parlament erschüttert und landesweite Proteste nach sich gezogen haben, zieht Premier Scott Morrison zögerlich erste personelle Konsequenzen. Seine Verteidigungsministerin Linda Reynold muss ihr Amt niederlegen und wird von Peter Dutton abgelöst, Justizminister Christian Porter räumt seinen Posten zugunsten von Michaelia Cash. Für beide bedeutet das jedoch nicht das Ende ihrer politischen Karriere: Sie sollen künftig schlicht andere Positionen in Morrisons Kabinett einnehmen.

"Lügende Kuh"

Sowohl Reynolds als auch Porter waren in Missbrauchsvorwürfe verstrickt, die Anfang des Jahres erhoben wurden. Brittany Higgins, eine ehemalige Mitarbeiterin der Verteidigungsministerin, hatte öffentlich gemacht, dass sie von einem Kollegen im Parlamentsgebäude vergewaltigt worden sei. Sie habe sich nach dem Vorfall von ihrer Vorgesetzten nicht unterstützt gefühlt und sei aus Angst um ihre Anstellung nicht zur Polizei gegangen. Kurz darauf wurde bekannt, dass Reynolds Higgins als "lügende Kuh" bezeichnet hatte, nachdem sie sich ihr anvertraut hatte. Reynolds entschuldigte sich für ihre Aussage und ließ sich bald danach krankschreiben.

Künftig andere Ministerposten

Porter wurde wenige Wochen später von den Angehörigen einer Verstorbenen vorgeworfen, diese Ende der 1980er-Jahre vergewaltigt zu haben. Porter dementierte die Vorwürfe und klagte den Fernsehsender ABC, der über sie berichtet hatte. Wenig später ließ er sich infolge des öffentlichen Drucks ebenfalls krankschreiben. Der Rückzug beider Minister wird allerdings nicht von Dauer sein: Reynolds soll künftig als Ministerin für staatliche Leistungen arbeiten, Porter als Wissenschaftsminister.

"Premier für Frauen"

Premier Morrison steht für sein zögerliches Vorgehen angesichts der Missbrauchsvorwürfe in der Kritik. Seine Beliebtheitswerte fielen laut Umfragen innerhalb von zwei Wochen um sieben Prozentpunkte. Nach Bekanntwerden von Higgins' Vorwürfen hatte er gesagt, ihm sei deren Tragweite erst bewusst geworden, nachdem seine Frau ihm geraten hatte, sich vorzustellen, dass die Betroffene seine Tochter sei. Nun kündigte er zeitgleich mit der Personalrochade eine neue Taskforce für Frauenrechte an. Bei deren Präsentation nannte er Frauenministerin Marise Payne, die mit ihm die Taskforce leiten soll, den "Premier für Frauen". Das löste erneut Entrüstung aus – immerhin sei es seine Aufgabe als tatsächlicher Premier, auch für alle Frauen da zu sein, lautete der Tenor. (Ricarda Opis, 29.3.2021)