Österreich ist ein erschreckend korruptes und verhabertes Land. Man weiß das. Das zeigt das weltweite Korruptionsranking von Transparency International, in dem die kleine, gesellige Alpenrepublik Österreich gerade wieder abgerutscht ist. Das zeigt sich auch getarnt unter dem rot-weiß-roten Deckmantel der Freunderlwirtschaft – die oft nichts anderes ist als unverblümter Postenschacher. Es werden Freunderl in Positionen gehievt, und so wird die Republik kontrolliert. Das System reicht von Managementposten bis tief hinein in das Schulwesen. Das war so. Das ist so.

Kanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Die meisten Österreicherinnen und Österreicher ohne Parteibuch haben sich leicht grantig damit abgefunden: Ein staatsnaher Betrieb braucht zwei Chefs, einen roten und einen schwarzen, so hieß es zumindest früher. Waren die Blauen an der Macht, kamen freiheitliche Günstlinge hinzu. Das ist nicht nur ein Bauchgefühl. Das zeigt die Auswertung von Besetzungen in Staatsbetrieben in den vergangenen Jahrzehnten: Wer an der Macht ist, besetzt Posten mit parteinahen Kandidaten.

Und trotzdem sind die nun öffentlichen Chats der türkisen Führungsriege mit ihren Freunderln außergewöhnlich. Sie zeigen, mit welcher Selbstverständlichkeit, mit welcher Arroganz die Truppe staatliche und staatsnahe Jobs verteilte. Man muss sich das vor Augen führen: Da wird die Staatsholding umgebaut, und der heutige Alleinvorstand Thomas Schmid, ein Vertrauter von Kanzler Sebastian Kurz, konnte sich die Ausschreibung für seinen späteren hochdotierten Posten offenbar aus dem Finanzministerium heraus selbst zurechtzimmern. "Kriegst eh alles, was du willst", versicherte Kurz. "Schmid AG fertig", schrieb der heutige Finanzminister Gernot Blümel, als der Plan besiegelt war.

Konsequenzen

Der Aufsichtsrat der staatlichen "Schmid AG" sollte offenbar möglichst zahnlos sein. Eine Kandidatin wird als "steuerbar" beschrieben. Andere Unterhaltungen zeigen, wie eine türkise Abgeordnete im Finanzministerium untergebracht und Kinder von Freunden versorgt werden sollten. Alles mit einer Nonchalance, die Angst macht: "Brauchen einen Job für sie." An anderer Stelle: "Feel free." Oder auch: "Bitte sei lieb zu ihm." Garniert mit Emojis, Küsschen. Job, bitte, danke, Bussi – so der Duktus. Das alles liegt verschriftlicht vor.

Und das ist der Unterschied. Durch die vorliegenden Chats lässt sich schwarz auf weiß nachlesen, was in Österreich möglich ist – und wie sicher sich die türkisen Akteure dabei fühlten. Spätestens jetzt darf der neue, saubere Stil der Kurz-ÖVP als Marketing-Gag enttarnt gelten. Freunderlwirtschaft ist offenbar auch Teil ihrer politischen DNA.

Sind die Türkisen besonders unverfroren, wenn es um Posten für Freunderln geht? Womöglich ja, vermutlich nicht. Eine Entschuldigung ist der Verweis auf andere aber ohnehin nicht. Nun gibt es Belege. Und das muss Konsequenzen haben. Bleiben die aus, schafft man einen gefährlichen Präzedenzfall für künftige korrupte Politiker.

Gegen Freunderlwirtschaft lassen sich schwer Gesetze schreiben. Dagegen ankämpfen können vor allem kritische Medien und durch sie informierte Bürgerinnen und Bürger am Tag der Wahl. Die Opposition schreit längst nach Rücktritten. Es ist schwer vorstellbar, dass eine Regierungspartei diese Affäre aussitzen kann – wäre sie nicht hier passiert. Österreich ist ein erschreckend verhabertes Land. (Katharina Mittelstaedt, 29.3.2021)