Um Österreichs Lehrlinge ist es in der Corona-Krise besonders schlecht bestellt. "Nach einem Jahr Corona ist die Lage bei Jugendlichen und Lehrlingen katastrophal", konstatiert Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl. Viele Lehrlinge könnten ihre Ausbildung nicht abschließen, da sie entweder ihre Lehrstelle verloren hätten oder mit Distance-Learning nicht zurechtkommen würden. "Es ist wichtig, unserer Jugend eine Chance zu geben", betont Anderl. Denn junge Menschen seien jene Fachkräfte der Zukunft, nach denen viele Unternehmen heute suchen würden.

Die Arbeiterkammer wirft der Regierung vor, für Lehrlinge und Lehrstellensuchende zu wenig zu unternehmen.
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Allein, schon die Aussicht auf eine offene Lehrstelle ist für Betroffene schlecht. Die Lücke zwischen Suchenden und offenen Lehrstellen ist in der Corona-Krise größer geworden. Laut Arbeiterkammer kommen zu den offiziell 6.500 Lehrstellensuchenden in Österreich noch jene aus AMS-Schulungen und der überbetrieblichen Ausbildung, sodass eigentlich fast 21.000 junge Menschen eine betriebliche Lehrstelle benötigen würden, also mehr als dreimal so viele. Dem stehen derzeit allerdings nur knapp 5.300 offene Lehrstellen gegenüber.

Viele Lehrlinge würden berichten, sich vergessen zu fühlen, sagt Susanne Hofer, Vorsitzende der Gewerkschaftsjugend. Tatsächlich werden sie ihrer Ansicht nach gegenüber Schülern in vielen Bereichen wie Selbsttest-Kits, Laptops für Distance-Learning oder Nachhilfeangeboten benachteiligt. Die Regierung habe Maßnahmen versprochen, "mehr als PR-Gags" habe es aber nicht gegeben. Die Folge: "Lehrlinge fühlen sich noch mehr als verlorene Generation als Schüler", sagt Hofer.

Lücke wird größer

Fast 80 Prozent der 16- bis 17-jährigen Berufstätigen gaben in einer Umfrage des Radiosenders Ö3 an, dass die Politik bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie die Probleme ihrer Generation nicht berücksichtigt. Hofer und Anderl fordern die Regierung daher zum Handeln auf, zumal im Herbst die Lücke an offenen Lehrstellen weiter zunehmen werde, da Unternehmensinsolvenzen zu erwarten seien.

Gegensteuern sollte die Regierung etwa mit einer Aufstockung der überbetrieblichen Ausbildung, eine Erhöhung des Angebots um zumindest ein Viertel "muss drinnen sein", wie Hofer betont. Dazu kommt die verstärkte Aufnahme von Lehrlingen im öffentlichen Dienst, wie es etwa die Stadt Wien bereits umsetzte. Ebenfalls im Forderungskatalog: eine Freistellung vom Betrieb für Lerntage sowie die Unterstützung von Berufsschülern, um sich auf die Lehrabschlussprüfung vorbereiten zu können. Finanziert werden könnten diese Forderungen mithilfe des EU-Aufbaufonds für die Wirtschaft, die Bundesregierung müsse bloß konkrete Vorschläge einreichen. (aha, 30.3.2021)