Will AT&T nicht aufs Land bringen: Glasfaserleitungen.

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Nicht nur in Österreich, auch in den USA ist der Ausbau des Breitbandinternetzugangs ein wichtiges Thema. Die Tarife sind, auch gemessen am Einkommensniveau, vielerorts deutlich teurer als in anderen Industrienationen und der Markt auf wenige Anbieter konzentriert. In vielen Regionen gibt es überhaupt nur einen Anbieter für kabelgebundenen Internetzugang, die drei Platzhirsche – AT&T, Comcast und Verizon – scheinen sich in der Regel aus dem Weg zu gehen.

Und sie werden auch immer wieder bei der Telekombehörde vorstellig, wenn es um Förderungen oder neue Regeln und Vorgaben gibt. Jahrelang lobbyierte man etwa gegen eine Änderung der Definition von "Breitband", die erst 2015 von 10 auf 25 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) Downloadbandbreite und 3 Mbit/s Upload angehoben wurde – mit dem Argument, dass die ursprüngliche Definition ausreichend für akzeptable Internetnutzung sei.

Die Glasfaserfrage

Nun, da sich die neue US-Regierung eine Modernisierung der Infrastruktur zum Ziel gesetzt hat und auch einige Bundesstaaten Breitbandinitiativen gestartet haben, geht der Kampf um Definitionen in eine neue Runde. Zur neuen Kernfrage wird, ob, wo und in welchem Umfang Glasfaserkabel verlegt werden sollen, insbesondere um Landbewohnern schnellere Bandbreiten zu ermöglichen.

AT&T scheint von der Idee, alle Haushalte und Betriebe ans Glasfasernetz anzuschließen, allerdings nicht angetan zu sein, wie "Ars Technica" berichtet. Der Konzern hat in einem Blogeintrag seine eigene Definition für "Breitband im 21. Jahrhundert" ausgeführt. Eine Kernaussage: 10 Mbit/s Upload-Geschwindigkeit sei genug für alle.

Alle Haushalte und Betriebe an das Glasfasernetz anzuschließen sei unnötig. Derzeit gebe es "keine überzeugenden Argumente dafür, dass diese Ausgaben sich für Servicequalität eines 50/10 Mbit/s oder 100/20 Mbit/s (der erste Wert gibt jeweils die Download-Bandbreite, der zweite die Upload-Bandbreite an, Anm.) rechtfertigen lassen." Dieses "Overbuilding" würde nur Förderungen verschwenden und private Investitionen entwerten.

Ländliche Nachlässigkeit

Ein Blick auf die bisherigen Ausbauaktivitäten von AT&T zeigt, dass diese Haltung wenig überraschend ist. Der Konzern erweitert zwar sein Glasfasernetz und schließt nach eigenen Aussagen aktuell drei Millionen weitere Kunden daran an, das geschieht bisher aber ausschließlich in urbanen Gebieten, in denen man die eigene Infrastruktur ohnehin schon gut ausgebaut hat.

Bei der Pflege seiner Kundschaft auf dem Land wird dem Unternehmen hingegen Nachlässigkeit vorgeworfen. Bestehende Telefonleitungen würden kaum gewartet. Während Tarifpreise angehoben werden, nehme die Servicequalität stetig ab. AT&T könnte sich hier sogar um Förderungen bewerben, tut dies aber offenbar nicht, da diese daran gekoppelt sind, dass die jahrzehntealten Kupferleitungen mit Glasfaser ersetzt werden.

AT&T will auf VDSL oder Mobilfunk setzen

Statt Glasfaser zumindest bis in die Wohn- und Arbeitsgebäude (FTTB) oder nahe Verteiler am Gehsteig (FTTC) zu bringen, würde AT&T lieber auf Mobilfunk setzen, um bessere Bandbreiten aufs Land zu bringen. Allerdings hapert es auch hier in einigen Gegenden bis heute an guter Abdeckung.

Alternativ sieht man sich auch mit der mittlerweile 14 Jahre alten VDSL-Technologie ausreichend gerüstet. Diese kann zwar auch auf Glasfaserinfrastruktur aufbauen, AT&T könnte aber den kompletten letzten Abschnitt der Verbindung zwischen dem eigenen "Einwahlknoten" und den Kunden weiter über herkömmliche Telefonleitungen führen. Als Konsequenz wäre die erzielbare Bandbreite mit zunehmender Entfernung (und damit Kabellänge) der Haushalte zu diesem Knoten aufgrund des Leitungswiderstandes spürbar beeinträchtigt.

Wogegen sich der Konzern offenbar auch stemmt, ist eine Initiative der Demokraten. Diese wollen die Biden-Regierung dazu bewegen, die Definition von Breitband auf 100 Mbit/s bei Download und Upload zu ändern. 80 Milliarden Dollar sollen dafür fließen, Internetzugänge auf dem Land auf das Niveau urbaner Anbindungen zu heben. AT&T und auch die anderen Anbieter müssten bei einer solchen Definitionsänderung dann deutlich mehr Geld in ihre Netze – Mobilfunk und Kabel – stecken.

Nicht genug fürs Homeoffice-Zeitalter

Befürworter des "Upgrades" für die Breitband-Definition ziehen Vergleiche mit den großen Elektrifizierungs-Initiativen im vergangenen Jahrhundert, infolge derer praktisch alle US-Haushalte ans Stromnetz angebunden wurden. "Wenn man ein Haus an den Strom anschließen kann, kann man es auch mit Glasfaser versorgen", kommentiert etwa der Aktivist Glen Akins, der in seiner Heimatstadt Fort Collins gegen den Widerstand von Telekombetreibern eine Breitbandinitiative durchgesetzt hat. "Etwas anderes zu fördern ist Gaunerei."

Ein weiteres Argument, das Kritiker zunehmend gegen AT&T und Co ins Treffen führen, ist der Wandel der Arbeitswelt aufgrund des Coronavirus. Auch in den USA sorgten Social-Distancing-Vorgaben und Lockdowns für einen Homeoffice-Boom. Viele Experten erwarten auch, dass das Arbeiten von daheim auch nach Ende der Pandemie ein wichtiger Teil des Berufslebens bleiben wird.

Doch gerade das Arbeiten über das Internet, speziell etwa die Teilnahme an Videochats, bedingt stabile Verbindungen mit akzeptablen Bandbreiten. 10 Mbit/s im Upload erscheinen dafür eher knapp bemessen, gerade wenn man sich die Internetverbindung auch noch mit Familienmitgliedern oder anderen Mitbewohnern teilen muss. (gpi, 30.3.2021)