Ein russisch-orthodoxer Geistlicher auf der Halbinsel Krim spendet Gläubigen seinen Segen. Wasser ist auch dort ein kostbares Gut.

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Das "Meer von Simferopol" ist zum Feld geworden – so scherzen die Bewohner der Krim traurig. Das "Meer" ist ein riesiger Stausee, der 1954 zur Wasserversorgung der Krim-Hauptstadt Simferopol geschaffen wurde. 36 Millionen Kubikmeter Fassungsvermögen hat der See, Ende März war er jedoch gerade einmal zu elf Prozent gefüllt. Ein bisschen voller wird er noch durch Schmelzwasser aus den Bergen, doch sein ganzes Fassungsvermögen wird er heuer nicht erreichen.

Bei den anderen Reservoirs sieht es geringfügig besser aus. Die Wasserversorgung in Simferopol, Sewastopol oder Jalta ist trotzdem auf einige Stunden pro Tag begrenzt. Nur so kann die Halbinsel die bevorstehende Touristensaison überstehen. Zwei Trockenjahre hintereinander haben die Wasservorräte der Krim ziemlich erschöpft, die Böden sind ausgedörrt. Bis 2014 deckte Wasser aus dem Dnipro, abgeleitet über den Nord-Krim-Kanal, zu 85 Prozent die Wasserversorgung ab. Doch gleich nach dem Anschluss der Krim an Russland hat die Ukraine den Kanal abgesperrt. Seither ist Wasser rar und kostbar geworden.

Verluste in Milliardenhöhe

Moskau sei wegen der Handlungen Kiews zu Milliardenausgaben gezwungen, klagte der Parlamentschef der Region Wladimir Konstantinow und kündigte eine Kompensationsklage gegen die Ukraine an. "Wir berechnen jetzt den Schaden; die Zahl, die dabei herauskommt, wird unserer Einschätzung nach zwischen zehn und 20 Billionen Rubel (110 bis 220 Milliarden Euro) liegen", drohte sein Stellvertreter Jefim Fix Mitte März mit einer "beispiellosen" Klage.

Inzwischen haben die Behörden in Simferopol ihren Appetit etwas gezügelt und verlangen "nur noch" 1,5 Billionen Rubel (17 Milliarden Euro). Die ukrainische Führung reagierte gelassen auf die Klagsdrohungen. Für die Wasserversorgung sei das "Okkupationsregime" verantwortlich, beschied die Regierung in Kiew. Wasser aus dem Kanal fließe nach der "Deokkupation" wieder.

Experten sehen nur geringe Chancen für den Erfolg einer Klage: Ein russisches Gericht könne die Ukraine nicht verurteilen, "dafür existieren internationale Gerichte", erklärte der russische Anwalt Gleb Bogusch. Doch vor einem internationalen Gericht sei die Sperrung des Kanals nicht ausreichend für die Verhängung einer solch drakonischen Strafe. Dazu bedürfe es konkreterer Beweise für eine humanitäre Katastrophe. Die Klagsdrohungen seien daher "bisher nur leeres Gerede", so der Experte.

Marode Leitungen

Auch Russland geht davon aus, die Wasserprobleme selbst lösen zu müssen. Mitte März hat Russlands Premier Michail Mischustin zur Verbesserung der Wasserversorgung noch einmal umgerechnet 40 Millionen Euro freigegeben. Das Geld dient vor allem der Reparatur des maroden Leitungssystems, um die Wasserverluste zu reduzieren.

Das allein wird nicht reichen. Und so wird die Suche nach neuen Wasserquellen intensiviert. Bohrungen auf der Halbinsel selbst scheinen wenig ergiebig, Meerwasserentsalzungsanlagen zu kostspielig. Derzeit diskutieren russische Medien daher Bohrungen im Asowschen Meer. Das Grundwasser unter dem Meer reiche aus, um den Bedarf der Krim für die nächsten 100 Jahre zu decken, ist Moskau überzeugt. (André Ballin aus Moskau, 30.3.2021)