Sebastian Kurz und Gernot Blümel.

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Mag sein, dass die Vorkommnisse rund um die Öbag, die aus den Chats von Thomas Schmid mit seinen Freunden Sebastian Kurz, Gernot Blümel und vielen Geburtshelfern der "neuen ÖVP" und der Kurz-Kanzlerschaft bekannt sind, von keiner strafrechtlichen Relevanz sind. Mag sein, dass seine Vorbereitungshandlungen fürs Öbag-Gesetz, für die Ausschreibung des Alleinvorstandsjobs, auf den Schmid es abgesehen hatte, für die Suche nach "steuerbaren" Leuten fürs Kontrollgremium aktienrechtlich nicht dazu geeignet sind, Schmid vom Öbag-Chefposten abzuberufen. Mag sein.

Doch kann es sein, dass Anständigkeit und Anstand, Verantwortungsgefühl und Sozialkompetenz, die Einsicht, dass es irgendwann reicht, gar keine Rolle spielen? In einem Land, in dem junge Leute Motivationsschreiben abgeben müssen und Bürgen brauchen, wenn sie eine kleine Wohnung anmieten möchten? In einem Land, das Gesetze so streng auslegt, dass Schülerinnen mitten in der Nacht von der Polizei aus dem Bett geholt werden, um sie abzuschieben – ohne dass es dafür eine Verpflichtung gäbe?

Kann es sein, dass in diesem Land der Manager eines Staatsbetriebs mit 27 Milliarden Euro Vermögen nicht zurücktritt – obwohl das ganze Land weiß, wie er und seine Freunde ihre Macht ausüben und wie sie ticken? Ja, es kann sein. So sind sie nämlich. (Renate Graber, 31.3.2021)