Das AMS forciert längere Ausbildungen bei Jobsuchenden, wer teilnimmt, bekommt einen Zuschuss. Nach einem langsamen Start steigen die Zahlen: 15.000 Menschen machen mit.

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Es gibt Branchen, die zählen in der Corona-Krise eher zu Gewinnern oder haben sich wacker geschlagen. Da sind zum Beispiel die Baumärkte. Sie waren die meiste Zeit über geöffnet und lockten viele Kunden an, außer heimwerken und garteln war ja mitunter nicht viel erlaubt. Auch die Telekomunternehmen und die Industrie schlugen sich wacker in der Krise. Ebenso gibt es Berufsgruppen, die nichts gespürt haben: Beamte oder Lehrer hatten keine finanziellen Verluste erlitten.

Dann gibt es eine große Gruppe, die von der Krise zwar betroffen war, aber sich durchgeschlagen hat. Da gehören die vielen Menschen in Kurzarbeit dazu, deren Einkommen größtenteils aufgefangen wurde. Auch zehntausende Unternehmer sind Teil dieser Gruppe, die zwar Einbußen erlitten hat, aber nur darauf wartet, dass es wieder losgeht.

Und dann gibt es die ganz klaren Verlierer: die Arbeitslosen. Für sie bedeutet die Pandemie nicht nur den Verlust von einem großen Teil ihres Einkommens inklusive weniger sozialer Teilhabe. Auch die staatlichen Hilfen sind für diese Gruppe ausgelaufen, seit Ende 2020 gibt es keine automatische Zuzahlung mehr zum Arbeitslosengeld. Diese Gruppe bekommt jetzt also das, was ihr ohnehin per Versicherung zusteht: das Arbeitslosengeld.

Dieser Tage wird sich in der Statistik ein interessanter Bruch vollziehen, der auf den ersten Blick so aussehen kann, als würde sich die Situation der Jobsuchenden ohnehin entschärfen. Die Zahl der Arbeitslosen wird nämlich erstmals seit Beginn der Pandemie im Vorjahresvergleich sinken.

Wenn das AMS am Donnerstag seine neuen Arbeitsmarktdaten für März vorstellt, ist der relevante Vergleichsmonat dafür der März 2020. Und der hatte es so richtig in sich: Damals wurde der erste Lockdown in Österreich verhängt. 562.000 Menschen seien auf Jobsuche, wurde damals vermeldet.

Die aktuellen Zahlen sind deutlich niedriger. Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) sprach diese Woche von rund 460.000 Jobsuchenden, also 100.000 weniger als zu Beginn der Pandemie. Das AMS gab am Donnerstag bekannt, dass derzeit 458.000 Menschen auf Jobsuche sind. Das sind um fast 20 Prozent weniger als vor einem Jahr.

Für diese Entwicklung gibt es mehrere Gründe. So hat sich die Kurzarbeit auch in Branchen etabliert, in denen das noch vor einem Jahr nicht der Fall war, wo also eher gekündigt wurde. Manche Sektoren, die vor einem Jahr stillstanden, arbeiten heute zudem Vollzeit, allen voran der Bau.

Langzeitarbeitslose rücken nach

So viel zu den guten Nachrichten. Die schlechte lautet: Trotz des beschriebenen Rückganges bleiben die Spuren der Pandemie deutlich zu sehen (siehe Grafik). Derzeit bleiben noch immer rund 100.000 Menschen zusätzlich arbeitslos, als es vor der Corona-Pandemie um diese Jahreszeit der Fall war.

Besonders stark war die Zunahme bei Langzeitarbeitslosen, also Menschen, die seit über einem Jahr nichts mehr finden. Und diese Situation wird sich noch einmal zuspitzen. Zahlen des AMS von Anfang März zeigen, dass aktuell rund 15.000 Menschen schon seit zehn oder elf Monaten eine Stelle suchen, also selbst bald zu Langzeitarbeitslosen werden. Das ist typisch: Kennzeichen des Pandemiejahres war nach einem rasanten Anstieg der Arbeitslosenzahlen zu Beginn, dass sich viele Menschen, die einmal ihren Job verloren haben, schwer damit taten, wieder etwas zu finden. Im Dezember 2020 gab es zum Beispiel halb so viele Arbeitsaufnahmen wie im Dezember ein Jahr davor.

Länder springen ein

Ein bundesweites Beschäftigungsprojekt oder eine andere gute Idee für die Gruppe der Langzeitarbeitslosen gibt es bisher nicht, in der Koalition haben noch nicht einmal Gespräche dazu begonnen. Die ÖVP lehnt Vorschläge von Gewerkschaften, SPÖ und Arbeiterkammer ab, die ein staatliches Förderprogramm wollen, bei dem Arbeitsuchende für Gemeinden oder karitative Organisationen arbeiten können und vom AMS bezahlt werden. Wifo-Chef Christoph Badelt brachte zuletzt eine abgeänderte Version dieses Vorschlages in Diskussion, er regte an, dass auch Unternehmen in den Genuss einer solchen Förderung kommen sollen.

Die Lücke beim Bund zum Teil zu schließen versuchen derzeit die Bundesländer, sie haben allesamt eigene Förderprogramme aufgelegt. AMS und Stadt Wien zum Beispiel versuchen Jobsuchende über 50 an die Gemeinde in geförderte Stellen zu vermitteln, bei gut 1.000 ist das bisher gelungen. Das AMS Niederösterreich testet in Gramatneusiedl eine Jobgarantie für Arbeitslose. Das Bildungsministerium hat seit Juli 2020 ein Projekt laufen, um insbesondere Langzeitarbeitslose als Hilfskräfte an Schulen zu vermitteln. Das Ergebnis ist überschaubar: 145 Vollzeitjobs wurden bisher geschaffen, 1.000 sollten es bis Jahresende sein.

Angesichts von mehr als 140.000 Langzeitarbeitslosen ist das aber höchstens ein Tropfen auf den heißen Stein. Größeren Beschäftigungsprogrammen am zweiten oder dritten Arbeitsmarkt kann Arbeitsminister Kocher dennoch nichts abgewinnen. Im Ministerium wird darauf verwiesen, dass die üblichen AMS-Programme wie Eingliederungsbeihilfen trotz Pandemie laufen. Dazu kämen eben die diversen Projekte der Länder.

Fix ist, dass die Herausforderungen nicht nur die Gruppe der Langzeitarbeitslosen betreffen. Nachdem zu Beginn der Krise Frauen und Männer etwa gleich stark betroffen waren, zeichnet sich seit dem Herbst auch klar ab, dass Frauen sich mit dem Comeback schwerer tun. Die Zahl der arbeitslosen Frauen lag im Februar um 34 Prozent über Vorjahreswert, bei Männern sind es "nur" 22 Prozent. Was die genaue Ursache dafür ist, sei noch unklar, sagt Wifo Ökonom Helmut Mahringer. Allein daran, dass Frauen und Männer in unterschiedlichen Branchen arbeiten und sich die Männerbranchen nun eher erholen, liege es nicht.

Eine Erklärung wäre für Mahringer, dass sich Frauen angesichts der zunehmenden Doppelbelastung mit der Familie in der Pandemie schwerer damit tun, wieder in den Job zurückzufinden. (András Szigetvari, 1.4.2021)