Die einen verzichten auf Alkohol, die anderen auf Zigaretten, Süßigkeiten – oder eben auf Fleisch. Für 40 Tage im Jahr ist für viele das möglich, was der Durchschnittsösterreicher das übrige Jahr strikt ablehnt: weniger Schnitzel, Wurst und Co zu essen. Mit Karfreitag ist der Verzicht dann zumeist auch schon wieder vorbei.

Dabei wäre eine Reduktion des Fleischkonsums auch im restlichen Jahr sinnvoll, wie es das deutsche Umweltbundesamt vor wenigen Tagen in einem ungewöhnlich direkten Appell formulierte: Eine Halbierung des Fleischkonsums sei das Ziel, sagte dessen Chef Dirk Messner. "Das würde die Massentierhaltung reduzieren und hätte vielfältige positive Umweltwirkungen."

Knapp 63 Kilogramm Fleisch verspeist jeder Österreicher durchschnittlich im Jahr.
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Eine solch direkte Botschaft gibt es seitens des österreichischen Umweltbundesamts nicht. Dieses hält sich in seinem jährlich erscheinendem Klimaschutzbericht vager: "In der Ernährung bedarf es insbesondere einer Reduktion des Rindfleischkonsums."

Hierzulande wurde zuletzt vor der Nationalratswahl eine hitzige Diskussion um den Fleischkonsum geführt. Damals ging es vor allem um Kosten – die SPÖ warnte davor, dass ein Schnitzerl kein Luxusgut werden dürfe. Seither wurde es weitgehend still um die Diskussion.

Klima und unfaire Preise

Dabei ist das Thema beiden Koalitionspartnern wichtig: Die ÖVP ärgert sich über Billigstpreise und unfairen Wettbewerb aus dem Ausland; die Grünen halten den Öko-Fußabdruck des hohen Fleischkonsums für bedenklich. Zwar gibt es wiederholt Anstöße, regional zu konsumieren, viel weiter bewegte sich die Debatte zuletzt nicht.

"Es stellt sich nicht die Frage ob, sondern welches Fleisch wir konsumieren", sagte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) auf Nachfrage. Einen plausiblen Grund, Rindfleisch aus Südamerika zu essen, wenn hierzulande mit höheren Standards gleiche Qualität produziert werde, sieht Köstinger nicht. Auch die grüne Klimaschutzministerin nahm keinen so direkten Appell in den Mund: "Weniger Fleisch ist gut fürs Klima, für die Gesundheit und für unseren wertvollen Boden", sagte Leonore Gewessler und erinnerte daran, dass Österreich europaweit Spitzenreiter beim Fleischkonsum sei.

Gewessler (links) sieht Österreicher als Spitzenreiter im Fleischkonsum. Köstinger erinnert an hohe Qualitätsstandards.
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Im türkis-grünen Regierungsprogramm kommt das Wort Fleisch genau einmal vor, die Rede ist von einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung und in verarbeiteten Lebensmitteln. Laut Koalitionsabkommen hätte diese mit 2021 kommen sollen.

Nach einem Hin- und Herschieben der Verantwortung zwischen Grünen und ÖVP, präsentierte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Donnerstag die überarbeitete Verordnungsvorlage. Geht es nach dem Grünen, soll eine verpflichtende Kennzeichnung bei Fleisch, Eiern und Milch in verarbeiteten Produkten kommen – sofern diese in Österreich produziert und vertrieben werden. Da viele Lebensmittel im Handel aus dem Ausland stammen, hofft Anschober hier auf eine europaweite Regelung.

Kommt Pflicht für Wirte?

Viel erstaunlicher ist allerdings der zweite Punkt des Papiers: Die Grünen wollen eine Kennzeichnungspflicht in der gesamten Gastronomie umsetzen. Bisher stemmte sich die Wirtschaftskammer erfolgreich gegen die Idee. Die Volkspartei wollte eine verpflichtende Herkunftsangabe nur in der Gemeinschaftsverpflegung umsetzen. Nun soll es anders kommen: "Der gesamte Bereich ist von der österreichischen Rechtsordnung umfasst", stellte Anschober in der Pressekonferenz klar. Es gehe um Kantinen, öffentlichen Schulen, Betreuungseinrichtungen, aber auch "bis hin zu Restaurants und Catering". Er sieht den Vorstoß durch das Koalitionsabkommen gedeckt und geht "zuversichtlich" in die Gespräche mit der ÖVP.

Deren Ministerin Köstinger fand in einer ersten Reaktion lobende Worte für die Vorschläge; konterte allerdings, dass die Kennzeichnungspflicht für die Gastronomie im Regierungsprogramm bewusst als freiwillige Maßnahme vereinbart wurde.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober will eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der gesamten Gastronomie umsetzen.
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Im Verordnungsentwurf der Grünen findet sich auch der Punkt für einen Lückenschluss in Lieferketten. Dabei geht es darum, dass die Gastronomen aufgrund der Angaben, die sie erhalten, überhaupt die Möglichkeit haben, die Herkunft ihrer Produkte darzustellen. Das soll in den vorgelagerten Bereichen aber auf freiwilliger Ebene geschehen, hieß es am Donnerstag.

Noch ist das Paket jedenfalls nicht unter Dach und Fach. Der Entwurf geht nun in den Abstimmungsprozess und in Begutachtung, bevor das Ergebnis nach Brüssel übermittelt wird.

Gastro-Vertreter spricht von einem "Bürokratiemonster"

Die Wirtschaftskammer bezeichnete die Ankündigungen in einer Aussendung als "No Go" und "Bürokratiemonster". Die Lage in der Gastronomie sei durch das Pandemie-Jahr bereits ernst, der Schritt würde zu weiteren Belastungen führen, sagte Gastro-Obmann Mario Pulker. Aus seiner Sicht unterscheide das Regierungsprogramm zwischen Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung, nur für letztere sei eine Pflicht angedacht gewesen. "Für mich ist es vollkommen unverständlich, warum von dieser Vereinbarung mitten in der größten Krise der heimischen Gastronomie abgegangen wird."

Zustimmung kam erwartungsgemäß seitens der Landwirtschaftskammer. Deren Präsident Josef Moosbrugger fordert nun eine zügige Umsetzung. Lob kam auch seitens der NGO Vier Pfoten, die den Vorstoß als "Meilenstein" für den Tierschutz und große Chance für die Landwirtschaft bezeichnete. Der Bio Austria greift eine reine Herkunftskennzeichnung hingegen zu kurz. Sie fordern darüber hinaus die Angabe der geografischen Herkunft und der Produktionsweise. (Nora Laufer, 1.4.2021)