Palmers-Chef Tino Wieser (links) und Lenzing-Chef Stefan Doboczky starteten im Frühjahr 2020 ihre Masken-Kooperation Hygiene Austria.

Foto:APA/ROBERT JAEGER

Seit der Razzia beim Maskenhersteller Hygiene Austria Anfang März gehen die Ermittler nicht nur dem Verdacht nach, dass Konsumenten mit falschen Herkunftsangaben in die Irre geführt wurden – chinesische Masken wurden ja als "made in Austria" verkauft. Gemutmaßt wird auch, dass es bei widrigen Arbeitsumständen auch zu Schwarzarbeit und Lohndumping gekommen sein könnte. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Zwischen Lenzing und Palmers – die Unternehmen haben die rot-weiß-rote Maskenproduktion im Frühjahr 2020 gemeinsam gegründet – herrschte nach Bekanntwerden der Vorwürfe zunächst Funkstille. Zumindest nach außen hin. Im Hintergrund wurden freilich intensive Gespräche über die Zukunft der Hygiene Austria geführt. Wie Lenzing am Karfreitag mitteilte, kam man überein, dass die Lenzing-Anteile an Palmers übertragen werden sollen. Lenzing verzichtet zunächst auf einen entsprechenden Kaufpreis. Das soll sicherstellen, dass Palmers weiterhin genügend finanzielle Mittel in die Maskenproduktion stecken kann.

Lenzing hatte 50,1 Prozent, Palmers 49,9 Prozent an der Hygiene Austria gehalten. Jetzt ist die Maskenproduktion in Wiener Neudorf zu 100 Prozent in Palmers-Besitz.

Wo wurden diese Schutzartikel hergestellt: China oder Österreich?
Foto: Karl Schöndorfer TOPP

Hygiene Austria bleibt bestehen

Zur Gründungsidee der heimischen Maskenproduktion gab es ein Bekenntnis vonseiten des Faserherstellers. Man habe zweifelsfrei sicherstellen können, dass die Qualität der Masken stimme. Man werde im Unternehmen an manchen Stellschrauben drehen, um das in der Öffentlichkeit entstandene Bild umgehend zu korrigieren.

Dazu gehört erstens eine Neubesetzung der Geschäftsführung. Mit Claudia Witzemann und Michael Schleiss würden per 2. April zwei erfahrene externe Führungskräfte als Geschäftsführer der Hygiene Austria neu bestellt, teilte man mit.

Neue Personalüberlasser

Auch die Personalpolitik werde unverzüglich angepasst, hieß es von Lenzing. Die Personaldienstleistungen werden demnach neu ausgeschrieben. STANDARD-Recherchen hatten zutage gefördert, dass dubiose Zeitarbeitsfirmen wie AD Job Assist und Steady Global Partners Arbeitskräfte ins Maskenwerk entsandten. Beide Firmen wurden vom Finanzministerium später als Scheinfirmen enttarnt. Sie kamen als Subunternehmen ins Maskenwerk und hatten keinen Vertrag mit der Hygiene Austria.

Was das für die bisher im Maskenwerk beschäftigten Arbeitskräfte bedeutet, ist noch unklar. In vergleichbaren Fällen werden sogenannte Know-how-Träger aber von den nächsten Personaldienstleistern übernommen, wenn die Zeitarbeitsfirma gewechselt wird, erklärt Thomas Grammelhofer von der Gewerkschaft Pro-Ge. Das sei gängige Praxis, auch im öffentlichen Bereich.

Damit der Betrieb ohne größere Unterbrechung weiterlaufen kann, sei es nämlich wichtig, dass Leute im Werk beschäftigt sind, die die wichtigen Handgriffe, Arbeitspläne und die Produktionsstätte gut kennen.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) wiederholt seit Anfang der Krise immer wieder, wie wichtig es sei, Schlüsselproduktionen ins Land zu holen. Der Maskenhersteller Hygiene Austria galt der heimischen Spitzenpolitik lange als Musterunternehmen.
Foto: APA/ROBERT JAEGER

Lenzing-Vorstand zieht Fazit

"Nach ausgesprochen intensiven Wochen kann ich berichten, dass wir die zentralen Mängel festgemacht und gemeinsam mit Palmers in Angriff genommen haben. Die Weichen für eine nachhaltig professionelle Geschäftsführung, hervorragende Qualitätssicherung und gute Arbeitsbedingungen wurden hiermit gestellt", ließt sich Lenzing-Vorstand Stephan Sielaff, der vom Aufsichtsrat Anfang März mit der Aufarbeitung der Vorkommnisse betraut worden war, in der Aussendung zitieren.

Aus der im März präsentierten Lenzing-Bilanz ging hervor, dass Hygiene Austria im vergangenen Geschäftsjahr einen Gewinn von 5,7 Millionen Euro erzielte. (luis, jan, bpf, 2.4.2021)