Die einen sammeln von März bis Mai den Bärlauch. Andere nehmen Reißaus.

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Ostern ist auch jedes Jahr die Zeit, in der sich die kulinarische Gemeinschaft in zwei Lager spaltet: Zum einen Lager gehören die Bärlauch-Liebhaber, die es gar nicht mehr erwarten können, durch die Wälder zu hirschen und endlich wieder mit breitblättrig gefüllten Taschen an den Herd zurückzukehren.

Das andere Lager macht einen weiten Bogen um das Gewächs aus der Gattung Allium, also der Lauchgewächse und somit der engen Verwandten zu Knoblauch, Zwiebel und Schnittlauch. "Schmeckt wie alter Knoblauch", heißt es aus diesen Reihen, die beim Auftauchen der grünen Spitzen aus feuchtem Waldboden schneller Reißaus nehmen als Graf Dracula.

Doch die Gefahr für letzteres Lager ist erst gebannt, wenn die Bärlauchzeit in die Maiglöckchenzeit übergeht. Wenn auch der größte Bärlauchfan einsieht, dass dieser Spaß das Risiko einer Maiglöckchenvergiftung nicht wert ist, und der Bärlauch ohnehin seinen jugendlichen Biss verloren hat. Erst dann kommt kein Bärlauchjünger mehr auf die Idee, Bärlauchentsagern freudig die geliebte Bärlauchcremesuppe oder Gnocchi mit massig grünem Pesto anzupreisen. Dass Pesto im Glas monatelang frisch bleibt, wollen wir einmal außen vor lassen. Jetzt befinden wir uns ohnehin in der Hochsaison dieses Wildgemüses. Noch denkt niemand an Haltbarmachen.

Jetzt ist die Zeit, in der eingefleischte Freunde im Wiener Augarten die Waldstücke zwischen den Alleen auf der Suche nach Bärlauch durchkämmen – ungeachtet jener Vierbeiner, die dort möglicherweise schon vor ihnen am Bärlauch geschnüffelt haben. Immerhin läuft dieser mancherorts auch unter dem Namen Hundsknoblauch.

Im unteren Wiener Prater übrigens, zwischen Heustadlwasser und Lusthaus gelegen, gehen auch Menschen mit Hunden spazieren, aber nicht so viele. Und schon lange nicht so viele, wie dort Bärlauch wächst.

Dieser Urwald mitten im Stadtgebiet ist immer ein großartiger Anblick. Jetzt gerade besonders, denn Bärlauchpflänzchen bedecken den Boden wie ein grünes Meer, soweit das Auge reicht. Dazu noch etwas frühlingshaftes Vogelgezwitscher, vielleicht sogar ein Pferd, das von der nahegelegenen Freudenau einen Ausritt durch den Bärlauchdschungel wagt, und schön hört sich sogar der größte Wilder-Knoblauch-Gegner ausstoßen: "Mei, ist das schön." Denn manchmal kann das Auge tatsächlich auch ganz allein essen. (Nina Wessely, 3.4.2021)