Thomas Schmid als Alleinvorstand der Öbag fehlen die entscheidenden Qualifikationen für das Management von Staatsbeteiligungen.

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Die Geschichte der Zweiten Republik ist nicht arm an Skandalen, die den Steuerzahler über die Jahre viel gekostet haben. Aber abgesehen von Jörg Haiders milliardenteuren Hypo-Abenteuern fällt es schwer, sich an eine Affäre zu erinnern, bei der so viel Vermögen so leichtfertig aufs Spiel gesetzt wurde wie bei der Errichtung der Österreichischen Beteiligungs-AG durch die angebliche Wirtschaftspartei ÖVP.

Das Problem an der Berufung von Thomas Schmid zum Alleinvorstand der Öbag war nicht, dass hier ein türkiser Parteigänger in ein verantwortungsvolles Amt gehievt wurde. Postenschacher hat in Österreich Tradition, aber in der Vergangenheit haben ÖVP und SPÖ auf die Qualifizierung ihrer Kandidaten geschaut. Idealerweise machten Personen Karriere, die es auch in der Privatwirtschaft geschafft hätten. Die FPÖ tat sich da angesichts ihres seichten Personalpools schon viel schwerer.

Bei Schmid aber sind, wie man dank seiner Handy-Chats weiß, zwei echte Übel zusammengekommen: Ein mächtiger Funktionär hat sich unter den Augen seines passiven Ministers ein Gesetz gebastelt und einen gefügigen Aufsichtsrat bestellt, der ihn dann zum Vorstand bestellt. Das ist politische Korruption des allerhöchsten Grades.

Noch schlimmer aber ist, dass Schmid entscheidende Qualifikationen für das Management von Staatsbeteiligungen an Großkonzernen fehlen. Er war nie selbst in Unternehmen tätig und hat kaum internationale Erfahrung. Die Chats zeichnen ein heikles Profil: Es fehlt Schmid nicht an Intelligenz, aber er beherrscht vor allem die politische Intrige, ist dazu kaltschnäuzig und überheblich.

Sein Hang zur Selbstüberschätzung zeigt sich daran, dass Schmid sich zum Alleinvorstand gemacht hat, statt dafür zu sorgen, dass ihn ein Manager mit internationalem Profil unterstützt. Bei einem 27-Milliarden-Euro-Vermögen ist laut Experten ein Zweiervorstand üblich. Nun steuert ein einzelner Politkarrierist die Interessen der Republik in elf Unternehmen und sitzt in den Aufsichtsräten der bedeutendsten Konzerne des Landes, darunter Verbund, OMV und A1.

Dass er dort noch keine offensichtlichen Fehler gemacht hat, entschuldigt wenig. Schmid ist wie ein Hobbypilot, der sich ans Steuer einer A380-Maschine setzt und dabei auf einen Kopiloten verzichtet. Bei ruhigem Wetter wird er den Flieger sicher landen; aber bei Turbulenzen wäre er bald überfordert.

Topmanager werden heute deshalb mit so viel Aufwand gesucht und geprüft, weil man sicher sein will, dass sie auch komplexe Situationen bewältigen können. Der ÖVP war das offenbar nicht wichtig, obwohl die Unternehmen im Öbag-Portfolio vor gewaltigen strategischen Herausforderungen stehen. Die Gefahr ist groß, dass die selbstgeschmiedete "Schmid AG" die Republik dann teuer zu stehen kommen wird.

Noch können Bundeskanzler und Finanzminister diesen Fehltritt korrigieren: Schmid müsste freiwillig gehen, auch Aufsichtsratschef Helmut Kern müsste zurücktreten. Er hat seine wichtigste Aufgabe, der Bestellung eines qualifizierten Vorstands, nicht erfüllt und sich damit selbst diskreditiert.

Werden aber keine Konsequenzen aus der Öbag-Affäre gezogen, dann wirft das ein erhellendes Licht auf das Wesen der türkisen Führung: Sie ist – wie Schmid – intelligent, intrigant, kaltschnäuzig und sich selbst überschätzend. Ein erschreckendes Bild für diese Republik. (Eric Frey, 3.4.2021)