Draußen galt man vergangenen Sommer als sicher vor dem Virus.

Foto: Christian Fischer

Schon wieder sind die Jungen schuld. Erneut sind angeblich sie es, die das Coronavirus nicht ernst genug nehmen. Während die Intensivstationen zu kollabieren drohen, strömen junge Menschen zum Donaukanal oder zum Karlsplatz, sitzen in größeren Gruppen zu nah beieinander und trinken mit vollem Risiko gegen die Krise an. Als Reaktion darauf lässt Wiens Bürgermeister Michael Ludwig die belebten Plätze der Innenstadt mit einer FFP2-Maskenpflicht endgültig austrocknen – das, obwohl man in der "Osterruhe" ohnehin weniger Personen treffen dürfte. Das wirkt kurios.

In Wahrheit zeigt sich hier nur, wie kaputt die Kommunikation der hiesigen Politik in dieser Krise ist. Es wird längst nicht mehr moderiert und erklärt, sondern mit harten Bandagen reagiert. Man orientiert sich dabei an einer kleinen Gruppe von jenen, die es wirklich nicht verstehen wollen, und schließt von ihnen auf alle. Das ist ungerecht. Denn wo war die große Infokampagne, die darauf hinwies, dass wir durch die ansteckendere britische Mutation nun auch draußen vorsichtiger sein sollen? Kurze Antwort: Es gab sie nicht.

Daher blieb den Gruppensitzern am Donaukanal vor allem die Erfahrung aus dem vergangenen Sommer. Draußen galt man als sicher vor dem Virus. Größtmögliche Freiheit war angesagt. Die Regierung hob damals sogar die Maskenpflicht auf. Die täglichen Infektionszahlen waren lange zweistellig. Das ist der Unterschied zu heute. Eine ansteckendere Mutation und ein Infektionsniveau jenseits der 3000 Neuerkrankungen pro Tag schaffen eine andere Ausgangslage.

Was die Jugend umtreibt, spielt in dieser Pandemie aber seit Monaten keine Rolle. Das wird auch anhand der Maskenpflicht für die Wiener Hotspots sichtbar. Die Treffpunkte werden sich vermutlich woandershin verlagern. Wird dann dort nachgeschärft, treffen sich die jungen Erwachsenen am Ende dort, wo sie nicht sein sollten: in Innenräumen. Dort ist das Infektionsrisiko noch einmal um einiges größer.

Laut Experten ist es weit besser, einander draußen zu sehen. Wichtig ist der Zwei-Meter-Abstand. Es kommt auch nicht darauf an, ob 500 oder 1000 Menschen am Donaukanal herumlaufen. In einer lockeren Masse steckt man sich nicht an. Gruppen sind das Problem. Dort müsste Wien ansetzen.

Die Jungen bekommen das schon hin. Nicht das erste Mal sind sie in dieser Krise der Sündenbock. Das muss aufhören. Denn sie haben es nicht leicht. Die Jungen sind derzeit immer die Letzten: auch beim Impfen. (Jan Michael Marchart, 2.4.2021)