Das Pixel 5 (im Bild) soll im Herbst einen Nachfolger mit eigenem Google-SoC bekommen.

Foto: Proschofsky / STANDARD

Ein Gerücht hält sich in der Smartphone-Branche schon länger: Google würde gerne dem Vorbild von Apple folgen und künftig eigene Prozessoren in den Smartphones der Pixel-Reihe aber auch bei Chromebooks und Smart-Home-Geräten verwenden. Nun kommt so etwas wie eine Bestätigung: Gleich mehrere US-Tech-Blogs berichten unabhängig voneinander, dass es bereits dieses Jahr ernst in dieser Hinsicht wird.

Pixel 6

Das für Herbst erwartete Pixel 6 wird einen eigenen SoC ("System on a Chip") von Google verwenden. Dies berichtete zunächst 9to5Google in Berufung auf interne Materialien des Android-Herstellers, die man einsehen konnte. Kurz danach konnte dies auch XDA Developers verifizieren, wo man noch zusätzliche Details in Erfahrung gebracht hat.

Aber der Reihe nach: Der Chip soll intern als GS101 firmieren und den bereits im Vorjahr kursierenden Codenamen "Whitechapel" tragen. Die Abkürzung "GS" könnte dabei für "Google Silicon" stehen. Interessant ist aber noch ein anderer Begriff, der in diesem Zusammenhang vorkommt nämlich "Slider". Wird dieser doch auch bei Samsung und dessen Exynos-Chips verwendet. Dies legt nahe, dass auch eine anderes Detail eines früheren Berichts stimmt, nämlich dass Google mit Samsung – konkret dessen "System Large-Scale Integration"-(SLSI)-Abteilung – zusammenarbeitet. Die ersten beiden Smartphones, die diese Plattform nutzen sollen, werden unter den Codenamen "Raven" und "Oriole" geführt. Schon früher waren dieses beiden Begriffe im Zusammenhang mit der nächsten Pixel-Generation aufgetaucht.

All das würde zu Aussagen von Google-Chef Sundar Pichai passen: Dieser hatte im Vorjahr betont, dass man stark in die Hardwaresparte investiere, und dass es in dieser Hinsicht 2021 große Ankündigungen geben werde.

Spurensuche

Gründe für die Entwicklung eigener Chips hat Google jedenfalls ausreichend. Einerseits könnte man damit den SoC besser auf die eigenen Bedürfnisse optimieren und so auch Komponenten auf einem Chip integrieren, die man sonst extern dazu geben muss. Dies ist sowohl platz- als auch stromsparender – und oft flotter. Schon in den vergangenen Jahren hat Google immer öfter eigene Zusatzchips in seinen Geräten verbaut. Darunter Komponenten zur KI-Beschleunigung aber auch für Kameraaufgaben oder Sicherheitszwecke. Performance-Optimierungen spielen dabei anfänglich hingegen wohl nur eine untergeordnete Rolle. Dazu passend berichtet XDA Developers, dass es sich bei GS101 um einen Chip der oberen Mittelklasse handeln soll – und nicht um einen High-End-Chip.

Ein zweiter Faktor könnte für die Nutzer aber wohl noch wichtiger sein: Mit einem eigenen Prozessor hätte man auch dessen Support – weitgehend – alleine in der Hand. Dass Qualcomm in dieser Hinsicht einen Bremsfaktor darstellt, ist seit Jahren bekannt. Stellt der Chip-Hersteller den Support ein, ist es auch vorbei mit Updates, da den Geräteherstellern der Zugriff auf proprietäre Softwarekomponenten fehlt, um diese aktualisieren zu können. Mit eigenem SoC könnte Google deutlich länger Updates für seine Geräte liefern als bisher, so zumindest die Theorie.

Und dann wäre da natürlich – langfristig – auch die finanzielle Überlegung. Läuft die Chipentwicklung einmal, hilft sie Kosten zu sparen. Der SoC gehört zu den teuersten Komponenten, die bei einem Smartphone zugekauft werden. Und wie gesagt geht es Google wohl nicht nur um den Smartphone-Bereich, das Unternehmen entwickelt mittlerweile zahlreiche Hardware selbst – von Smart-Home-Devices bis zu Server-Systemen.

Vorgeschichte

Dass Google Interesse an der Entwicklung eigener Chips hat, hat sich schon länger abgezeichnet. Mit den "Tensor Processing Units" gibt es etwa spezifische KI-Beschleuniger, die vor allem für Cloud-Systeme gedacht sind. Über die Jahre hat das Unternehmen immer mehr Experten aus diesem Bereich angestellt. Erst vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass mit Uri Frank ein erfahrener Chip-Designer von Intel abgeworben werden konnte, der nun eine neue Chip-Entwicklung für Google in Israel aufbauen soll – dort aber vor allem mit dem Augenmerk auf Server-Prozessoren. (Andreas Proschofsky, 4.4.2021)