In Sachen mobile Kommunikation lief es für die Südkoreaner schon länger nicht mehr rund. Jetzt wird die Reißleine gezogen.

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Pionier zu sein und respektable Größe schützen vor Bedeutungsverlust nicht. Das gilt ganz besonders in der Elektronikwelt. Das jüngste Beispiel liefert der südkoreanische LG-Konzern, der nun bekanntgibt, sich komplett aus dem Smartphone-Geschäft zurückzuziehen. Die Aufgabe des "Geschäfts mit Mobiltelefonen" werde voraussichtlich bis Ende Juli abgeschlossen sein, kündigte der zweitgrößte südkoreanische Elektronikriese hinter Samsung an.

Strategieänderung

Die Geräte, die noch auf Lager liegen, sollen weiter verkauft und Geräteservice wie Software-Aktualisierungen weiter angeboten werden. Die vom Verwaltungsrat abgesegnete Strategieänderung: Fokus auf Wachstumsbereiche wie Bauteile für Elektrofahrzeuge, vernetzte Geräte, Robotertechnik, intelligentes Wohnen und künstliche Intelligenz. Der Schwenk ist insofern bemerkenswert als LG einst durchaus zu den Vorreitern im Smartphone-Segment zählte – mit großen Touchscreen-Bildschirmen, deren eigentlicher Siegeszug mit dem iPhone im Jahr 2007 begann. Mit dem LG Prada hatte man schon früh eine ähnliche Designidee wie Apple. Doch irgendwann hat man den Anschluss verloren. Zuletzt versuchte LG mit Ideen wie Smartphones mit zwei Displays das Ruder herumzureißen. Vergeblich.

Das Segment mobile Kommunikation hatte seit Mitte 2015 in jedem einzelnen Quartal einen operativen Verlust erwirtschaftet. Für 2020 belief sich das Defizit auf umgerechnet 634,5 Millionen Euro. Dabei waren die Südkoreaner noch 2013 im Geschäft mit den technologisch hochgerüsteten Gadgets ein Riese. Hinter der Konkurrenz aus dem eigenen Land, Samsung, und dem US-Hersteller Apple rangierte LG auf dem dritten Platz der Weltrangliste.

Im Vorjahr hat Apple sich mit rund 90 Millionen verkauften iPhones und einem Marktanteil von etwa 23 Prozent im vierten Quartal an die Spitze gesetzt. Samsung brachte es mit knapp 74 Millionen verkauften Geräten in diesem Zeitraum auf rund 19 Prozent. Dann folgten schon die Hersteller aus China, Xiaomi, Oppo und Huawei. Sie kommen schon durch die Größe ihres Heimatmarkts auf hohe Stückzahlen, mit denen sich auch bei geringeren Margen Geld verdienen lässt. LG fand sich zuletzt mit seinen Smartphones marktanteilsmäßig unter "ferner liefen". Selbst im Heimatmarkt Südkorea soll der Anteil nur noch zehn Prozent ausgemacht haben.

Geballte Macht aus China

Die Luft wurde auf einem wachsenden Markt in den vergangenen Jahren für Anbieter wie LG dünner. Ende 2020 wurden weltweit 395,9 Millionen Smartphones verkauft – 17 Millionen mehr als 2019. Ganz vorn tummelt sich eine Handvoll Anbieter. Jene aus China dominieren den Massenmarkt mit günstigeren Modellen. Sie sind auf der Überholspur. Oppo verkaufte Ende 2020 fast 34 Millionen Geräte, ein Plus von zehn Prozent zum Jahr davor. Xiaomi schaffte mit gut 43 Millionen einen Zuwachs von über 30 Prozent. Das 2010 gegründete Unternehmen ist seit einem halben Jahr auch in Österreich aktiv. Huawei verkauft auch teuere Geräte und hat zuletzt an Stärke eingebüßt. Die Marktmacht aus China schmälert das kaum. (rebu, 5.4.2021)