Aus Hedwig Kiesler wurde der Star Hedy Lamarr.

Der Schauspieler Douglas Fairbanks Jr. filmt 1937 während eines Salzburg-Aufenthalts im Publikum der Festspiele eine attraktive Unbekannte. Nur ein Jahr später wird diese als Hedy Lamarr weltberühmt. Nachdem die junge Schauspielerin vor ihrem ersten Ehemann Fritz Mandl und den Nationalsozialisten nach Hollywood geflüchtet war, avancierte sie mit Algiers zum Filmstar und wurde zur "schönsten Frau der Welt" stilisiert.

Das Jüdische Museum Wien widmete ihr 2019 die Ausstellung Lady Bluetooth, in der auch Fairbanks’ Aufnahme erstmals gezeigt wurde. Nun plant das Museum, den Nachlass der bereits vergessen geglaubten Filmdiva dauerhaft an einem permanenten Ausstellungsort der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und sie in ihrer Vielschichtigkeit zu würdigen – nicht zuletzt als Erfinderin der modernen Telekommunikation.

Sohn zufrieden

In der Vorbereitung zur Lady Bluetooth-Schau nahm das Museum Kontakt mit Lamarrs Sohn Anthony Loder auf, der viele Leihgaben zur Verfügung stellte. "Mit unserer Zusammenstellung der Ausstellung war er äußerst zufrieden und hat angeboten, die Leihgaben und alle sonstigen Archivalien und Objekte, die in seinem Besitz sind, dem Jüdischen Museum Wien zu übergeben", so Direktorin Danielle Spera zum STANDARD.

Vor ungefähr zwei Wochen wurde dieses Angebot vertraglich fixiert, seitdem läuft die Suche nach einem Standort. Auch über die tatsächliche Größe und den Inhalt des Nachlasses muss man sich erst einen Überblick verschaffen.

Für das US-Militär

"Anthony Loder hat noch viele Dinge in seinem Haus, die er uns überlassen möchte. Bei nächster Gelegenheit, vor allem im Hinblick auf die Pandemie, wollen wir zu ihm reisen und den Umfang ermitteln." Neben ihrer laufenden Filmkarriere meldete Lamarr 1942 mit dem Komponisten George Antheil ein Patent für ein Frequenzsprungverfahren an, das ursprünglich als geheime Kommunikationsmethode für das US-Militär zur Torpedoabwehr entwickelt worden war.

Die Erfindung – damals belächelt – hatte auch einen persönlichen Hintergrund: Lamarr bangte um das Leben ihrer Mutter, die per Schiff vor den Nationalsozialisten zu ihrer Tochter in die USA flüchtete und durch Torpedoangriffe in Lebensgefahr schwebte.

Besondere Skizzen

Heute bildet die Technologie die Grundlage für alle modernen Kommunikationsverfahren. Lamarrs Skizzen sind laut Spera eine der Besonderheiten des Nachlasses: "Hier ist vor allem ihre handschriftliche Zeichnung zur Erfindung der Funkfernsteuerung für Torpedos zu nennen, aber auch viele private Notizen an ihre Familie, oder Briefe ihres ersten Ehemanns Fritz Mandl."

Klar ist allerdings, dass das Vorhaben nicht zu einem reinen Museum führen wird. Es soll "vor allem auch ein Vermittlungszentrum für Jugendliche, Schülerinnen und Schüler, Studierende oder Lehrlinge sein. Gerade durch das Beispiel von Hedy Lamarrs Vielseitigkeit lassen sich zahlreiche unterschiedliche Workshops zusammenstellen", so Danielle Spera.

In Wien geboren

Hedy Lamarrs Karriere fand in den USA statt. Geboren 1914, aufgewachsen und letztendlich auch begraben ist der Weltstar aber in Wien – an einem Sehnsuchtsort, den sie mit romantisierten Erinnerungen verband. In Wien erfuhr sie in den letzten Jahren aber auch eine regelrechte Wiederentdeckung: So gab es zu Lamarr etwa eine Retrospektive des Filmarchivs Austria zu sehen oder die Inszenierung Gesichter der Hedy Lamarr im Schubert-Theater. Es ist also nur folgerichtig, dass nun auch ihr Nachlass, 20 Jahre nach ihrem Tod, an ihren Geburtsort zurückkehrt. (Katharina Stöger, 6.4.2021)