An der New Yorker Börse nimmt die Zahl der SPACs zu. Unter den Sponsoren sind auch bekannte Sportler.

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Wieder einmal schwappt ein Börsentrend von den USA nach Europa über: Special Purpose Acquisition Companies (SPACs) sind nicht neu, erleben aber gerade ein Popularitätshoch.

SPACs sind Mantelgesellschaften ohne operatives Geschäft, die über einen Börsengang Kapital sammeln, um ein Unternehmen zu erwerben und es über diesen Weg an die Börse zu bringen. Dieser Unternehmenszusammenschluss wird vielfach als Business Combination oder De-SPAC bezeichnet.

Die Grundstrukturen europäischer SPACs, derzeit vor allem in Amsterdam und Frankfurt, sind frappierend ähnlich und stark an die US-Vorbilder angelehnt: Ein Sponsor – das Spektrum reicht von Bankern bis hin zu Sportpersönlichkeiten wie Ex-NBA-Star Shaquille O’Neal – gründet das SPAC und bringt die Mantelgesellschaft an die Börse, die Emissionserlöse werden treuhändig verwahrt. Dann macht er sich auf die Suche nach einem Unternehmen für eine Business Combination, die innerhalb einer vorab definierten Zeit – üblicherweise 24 Monate – stattfinden muss.

Der Zusammenschluss muss von der Hauptversammlung abgesegnet werden. Investoren, die mit dem Deal nicht einverstanden sind, können ihre Anteile zurückgeben oder über die Börse verkaufen.

Ein SPAC-IPO unterscheidet sich von einem herkömmlichen IPO insbesondere dadurch, dass die Beschreibung der historischen Geschäftstätigkeit entfällt und die Bewertung des Unternehmens – sonst ein wesentlicher Aspekt in der Vermarktung – keine Bedeutung hat. Umso wichtiger ist die Unternehmensbewertung beim De-SPAC.

Sponsoren unter Druck

Aufgrund der Befristung stehen Sponsoren unter Druck, den De-SPAC umzusetzen. Gelingt dies nicht innerhalb der Frist, wird der SPAC liquidiert und die Investoren erhalten ihr Investment zurück.

Genau darin liegt die Attraktivität eines SPAC für Unternehmen, die rasch an die Börse wollen. Das aktuelle Zinsumfeld und das hohe Bewertungsniveau tragen dazu bei, dass Investoren, die einen Exit suchen, hier neue Möglichkeiten finden. Zu beobachten ist ein Trend zu "Triple-Tracks": Investoren suchen einen Käufer, verfolgen gleichzeitig ein IPO und eben auch einen De-SPAC.

Vor dem SPAC-Börsengang muss über Gesellschaftsform, Gesellschaftssitz und die Börse entschieden werden, wobei hier Zulassungsanforderungen zu beachten sind. So schreibt die Frankfurter Börse vor, dass der Emissionserlös auf ein verzinsliches Treuhandkonto einzuzahlen ist und der Sponsor die Differenz einer negativen Verzinsung aufbringen muss.

Festgelegter Preis

Im Rahmen des SPAC-IPO zeichnen die SPAC-Investoren sogenannte "Units", die aus einer Aktie (Common Stock) und einem Optionsrecht (Warrants) bestehen. Das Letztere erlaubt es Investoren, nach erfolgtem Zusammenschluss weitere Aktien zu einem im Vorhinein festgelegten Preis zu erwerben. Die Units haben oft einen Ausgabepreis von zehn, die Warrants von 11,50 Euro.

Der Sponsor erhält anstelle einer regelmäßigen Vergütung die Möglichkeit, vor dem IPO sogenannte "Promote Shares" zum Nennbetrag der Aktien – der meist nur wenige Cent beträgt – zu erwerben. Dadurch ist er nach dem Unternehmenszusammenschluss mit bis zu 20 Prozent an der neu entstandenen Gesellschaft beteiligt.

Darüber hinaus investiert der Sponsor in "sponsor at-risk capital" in Höhe von meist drei Prozent des IPO-Volumens. Das wird im Falle einer Liquidation des SPAC nicht an den Sponsor zurückgezahlt, sondern dient der Deckung der Kosten.

Gleichlauf der Interessen

Im Gegenzug dafür erhält der Sponsor Warrants, mit der Option, weitere Aktien an der neu entstandenen Gesellschaft zu einem festgelegten Preis zu erwerben, was potenziell zu einer weiteren Verwässerung der Anteile der übrigen Investoren führt. Promote Shares und Warrants des Sponsors unterliegen einem Lock-up, um einen Gleichlauf der Interessen von Investoren und Sponsor sicherzustellen.

Beim De-SPAC müssen sich Sponsor und Target – vergleichbar mit einer M&A-Verhandlung – über die Business Combination einigen; weiters muss der Sponsor den Erwerb mitfinanzieren, wobei dies oftmals über ein sogenanntes PIPE (Private Investment in Public Equity) erfolgt.

Bei aller Attraktivität dürfen bei SPACs die Komplexität der Struktur und die unterschiedlichen Interessen nicht aus den Augen verloren werden. (Stephan Pachinger, Benedikt Graf, 6.4.2021)