Regionale Müllentsorger haben mutmaßlich abgesprochen, welcher Betrieb in welcher Gemeinde den Zuschlag fürs Sammeln bekommen soll.

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Mitte März filzten die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) sowie Landeskriminalämter mehr als 20 Standorte heimischer Müllentsorger. Noch laufen die Untersuchungen, es gilt die Unschuldsvermutung. Der Verdacht lautete aber: Regionale Müllentsorger haben abgesprochen, welcher Betrieb in welcher Gemeinde den Zuschlag fürs Sammeln bekommen soll.

So sollen die Betriebe Gemeinde für Gemeinde untereinander aufgeteilt haben, zulasten der Steuerzahler – denn ein wesentliches Anliegen öffentlicher Ausschreibungen ist, aus möglichst vielen Angeboten jenes mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis auszuwählen.

Just an dem Tag, an dem die Razzien bei der heimischen Müllwirtschaft stattfanden, hat die Europäische Kommission eine Bekanntmachung "über Instrumente zur Bekämpfung geheimer Absprachen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und über Leitlinien für die Anwendung des entsprechenden Ausschlussgrundes" veröffentlicht.

Darin heißt es, dass mit weiten Durchsetzungsbefugnissen ausgestattete nationale Wettbewerbsbehörden Preisabsprachen meist erst nachträglich aufdecken würden – also nachdem der Schaden für die ausschreibende Stelle bereits entstanden ist.

Frühzeitig erkennen

Bei der Müll-Causa ist das laut BWB-Chef Theodor Thanner nicht anders, man gehe dem Verdacht jahrelanger Absprachen nach. Um Steuergeld bestmöglich einzusetzen, fordert die EU-Kommission, dass man die Mitarbeiter in den ausschreibenden Stellen in die Lage versetzt, Absprachen frühzeitig zu erkennen. Und sie zeigt Wege auf, wie das gehen könnte.

Die Vorschläge aus Brüssel haben vor allem einen Zweck: die öffentliche Auftragsvergabe in der Union zu professionalisieren. So sollten nationale Wettbewerbsbehörden enger mit ausschreibenden Stellen zusammenarbeiten und ihnen praktische Unterstützung bieten. Dafür aber brauche man konkrete Regelungen.

Ein anderes Beispiel ist die Einrichtung einer nationalen Datenbank mit Fällen, in denen Wirtschaftsteilnehmer aufgrund geheimer Absprachen von Vergaben ausgeschlossen wurden. "Eine solche Datenbank würde den öffentlichen Auftraggebern leicht zugängliche Informationen über Wirtschaftsteilnehmer, die in der Vergangenheit an geheimen Absprachen beteiligt waren, zur Verfügung stellen, was die Bewertung der Integrität und Zuverlässigkeit der Wirtschaftsteilnehmer erleichtern würde", schreiben die EU-Juristen.

Drei Säulen

Berthold Hofbauer, Vergaberechtsexperte bei der Kanzlei Heid & Partner, sieht drei Säulen, die es in Österreich nun zu verbinden bzw. umzusetzen gelte: die Compliance-Regelungen des Bundesvergabegesetzes 2018, das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und die Whistleblower-Richtlinie (WRL).

Compliance-Regelungen bei vergebenden Stellen helfen, Interessenkonflikte zu vermeiden. Mit dem IFG geplante Veröffentlichungspflichten sollen die Transparenz bei Vergaben verbessern. Das WRL muss bis Ende 2021 umgesetzt werden und bringt einen besseren Schutz für Whistleblower. (Aloysius Widmann, 6.4.2021)