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Alexej Nawalny soll schwer erkrankt sein.

Foto: REUTERS/Shamil Zhumatov/File Photo

Die ersten Informationen über den sich verschlechternden Gesundheitszustand Alexej Nawalnys tauchten in den sozialen Netzwerken auf. Auf dem in Nawalnys Namen geführten Instagram-Kanal heißt es, dass drei von 15 Gefangenen in Nawalnys Block an Tuberkulose erkrankt seien. Er selbst klagte über "starken Husten und 38,1 Grad Fieber".

Wie die Informationen nach draußen gelangen, ist unklar. Nawalny selbst hat keinen Internetzugang. Möglich, dass ein Beamter der Haftanstalt die Informationen weitergibt, andererseits ist es kein Geheimnis, dass auch viele Häftlinge trotz eines generellen Handyverbots Zugang zu Mobiltelefonen haben, die ins Gefängnis geschmuggelt wurden.

"In den Krankenblock verlegt"

In jedem Fall erfuhr die Nachricht über Nawalnys Erkrankung einige Stunden später quasi eine offizielle Bestätigung, als die Gefängnisverwaltung FSIN auf Anfrage der kremlnahen Zeitung "Iswestija" mitteilte, "der Verurteilte" sei in den Krankenblock verlegt worden, "wo er unter ständiger Beobachtung des medizinischen Personals ist. In der Einrichtung finden geplante sanitäre und antiepidemische Schutzmaßnahmen wie die Desinfektion aller Räumlichkeiten, antibakterielle Quarzlampenbestrahlung und Lüftung statt."

Grund der Verlegung ist offiziellen Angaben nach der Verdacht auf eine akute Atemwegserkrankung. Ob es sich dabei um einen Schnupfen oder Covid handelt, bleibt offen.

Über die Art der medizinischen Behandlung Nawalnys im Gefängnis gibt es ohnehin Streitigkeiten: Schon seit geraumer Zeit klagt der Politiker über Rückenschmerzen, die inzwischen stark auf die Beine ausstrahlten und dort Taubheitsgefühle auslösten.

Anwältin beklagt mangelhafte Behandlung

Eine fachgerechte Behandlung habe er nicht erhalten, so Nawalnys Anwältin Olga Michailowa. Der Hungerstreik, mit dem er einen Arztbesuch erzwingen wolle, habe ihren Mandanten weiter geschwächt. Im Gefängnis gebe es keinen Arzt, sagte die Anwältin. Sie wisse auch nicht, ob nun ein auswärtiger Arzt gerufen werde. "Alles ist in den Händen der FSIN", fügte sie hinzu.

Die Nawalny nahestehende Allianz der Ärzte kündigte an, am Dienstag zum Gefängnis nach Pokrow zu fahren, "nicht um zu protestieren, sondern um Nawalny zu retten", so die Leiterin der NGO, Anastasija Wassiljewa. Eine Behandlung durch unabhängige Ärzte hatte zuvor auch Amnesty International gefordert.

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Ärztin Wassiljewa hofft auf Zugang zum prominenten Patienten.
Foto: REUTERS/Maxim Shemetov

Im Gegensatz dazu hatten vor wenigen Tagen noch drei kremlnahe Medien – RT, die Agentur Ria Nowosti und das Boulevardmedium "Life" – darüber berichtet, wie gut es Nawalny im Gefängnis gehe. Die RT-Korrespondentin Maria Butina, die selbst 18 Monate in einem US-Gefängnis verbracht hatte, weil sie als russische Waffenlobbyistin wegen "Verschwörung" verurteilt worden war, umschrieb den Gefängnisaufenthalt Nawalnys als "Pionierferienlager". (André Ballin aus Moskau, 6.4.2021)