Die Sneaker von Effekt Footwear bestehen aus Kunststoffabfällen, die aus dem Mittelmeer gefischt wurden, sowie aus einer Reihe weiterer Recyclingmaterialien.

Foto: Effekt Footwear

Schuhe sind zum Wegwerfartikel verkommen. Wenige Menschen tragen sie über Jahre und lassen sie mehrmals reparieren. Meist werden sie nach kurzem Gebrauch entsorgt, um einer Neuanschaffung Platz zu machen. Das spiegeln auch die jährlichen Produktionszahlen: 24 Milliarden Paar Schuhe werden für eine Weltbevölkerung von acht Milliarden Menschen hergestellt – drei Paar Schuhe für jeden Menschen pro Jahr.

Damit wird die Schuhindustrie zum Ressourcenfresser und Abfallproduzenten. Verwendete Naturfasern benötigen in der Produktion viel Wasser, Chemikalien und andere Rohstoffe. Arbeitsbedingungen und Umweltstandards in den Herstellerländern sind oft weit unter dem europäischen Niveau.

Transporte in die Absatzmärkte treiben die Emissionsbilanz der Artikel nach oben. Unterschiedliche Kunststoffe und Gummivarianten werden in den Produkten zu komplexen Designs arrangiert, was eine Trennung und Recycling zu teuer macht. Letztendlich landen die ressourcenintensiv und umweltzerstörerisch produzierten Schuhe nach kurzem Tragen auf der Müllhalde und warten Jahrhunderte auf ihr Verrotten.

Greenwashing und Öko-PR

Auch Benjamin Smits gab dieses Thema zu denken. Der Australier studiert Packaging Design and Sustainability an der FH Campus Wien, nachdem er seiner Partnerin 2018 nach Österreich gefolgt ist. Auf einer Textil- und Schuhmodemesse in Tschechien fiel ihm auf, dass das Thema Nachhaltigkeit hier absolut keine Rolle spielt. Eine vertiefende Recherche zeigte ihm ein Feld, das von Greenwashing und Öko-PR geprägt, aber weit weg von einer tatsächlichen Kreislaufwirtschaft ist.

Der 33-jährige Smits, der selbst einen Hintergrund im Engineering-Bereich hat, beschloss mit Freunden in diesem Bereich tätig zu werden. "Das Ziel war, einen Sneaker mit dem geringstmöglichen Umwelt-Impact zu schaffen", sagt Smits.

"Wir wollten versuchen, einen Schuh ganz aus Abfall zu machen – oder zumindest so viele Abfälle wie möglich dafür zu verwenden. Gleichzeitig sollte das Produkt so gestaltet sein, dass es sich nach seiner Lebensdauer erneut gut recyceln lässt."

Plastikmüll ist das Ausgangsmaterial für neue Sneaker-Sohlen von Effekt Footwear.
Foto: Effekt Footwear

Schuhrecherche

Um dieses Ziel zu erreichen, war viel Recherche notwendig, betont der Studierende: Recherche zu Upcycling-Prozessen, zu Materialalternativen etwa für Baumwolle, zu geeigneten Lieferanten und Produzenten. "Wir haben etwa ein Jahr lang nach den besten Materialien gesucht und dann wiederum lange nach einem Produzenten, der diese verarbeiten kann", erklärt Smits.

Die Herstellung erfolgt nun in Portugal. Smits fand dort Lieferanten für Gummimaterialien, die aus 70 Prozent Abfällen gefertigt sind. Für den Schuhaufbau wird Kunststoff verwendet, der aus Plastikabfall gewonnen wird, der aus dem Mittelmeer und von dessen Stränden stammt. Das Innenfutter besteht aus recycelten Textilien und Viskose, die Sohle neben Gummi aus wiederverwerteter Baumwolle und ebensolcher Kokosfaser.

Prototypen und Materialtests

Nach einer Reihe von Designprototypen und vielen Materialtests wurde eine Kleinserie "für Freunde und Familie" gefertigt, erklärt Smits. Im Sommer soll eine allgemeine Crowdfunding-Aktion zum Start der Massenproduktion folgen.

Das internationale Team umfasst nicht nur Partner in Portugal und Spanien, sondern auch in Australien, Deutschland und Nepal. Auftreten werden die Schuhhersteller unter der Marke Effekt Footwear. Abgezielt wird auf einen Preis von 99 Euro. Per eigenes Rückholprogramm will man Schuhe am Ende des Lebenszyklus auch wieder einsammeln. Der Schuh wird recycelt, Kunden bekommen Rabatt auf ein neues Paar.

Im Rahmen der eBridge Alliance, einer deutschen Initiative, die eine Brücke zwischen Universitäten und Wirtschaft schlagen will und junge Menschen und eine Unternehmensgründung vorbereitet, wurde Smits’ Projekt für sein hohes Impact-Potenzial ausgezeichnet.

Mehr Akzeptanz

Für ihn geht es dabei nicht nur darum, die Idee der Kreislaufwirtschaft technisch umzusetzen. "Wir möchten die Sneaker auch nutzen, um mit jungen Menschen zum Thema Abfallreduktion und Circular Economy ins Gespräch zu kommen", sagt Smits. "Wir hoffen, dass unser Produkt hilft, dass Upcycling-Materialien künftig eher akzeptiert und verwendet werden." (Alois Pumhösel, 17.4.2021)