Von Graz zurück nach Libyen: der Marmorkopf "Faustina".

Foto: Joanneum

Die Sorge um die Sicherheit von Objekten, die aus öffentlichen Beständen heimischer Museen an politisch instabile oder von Korruption geprägte Länder zurückgegeben werden, ist nur bedingt angebracht. Wie zwei aktuelle Beispiele des Grazer Universalmuseums Joanneum (UMJ) zeigen, sind daran in der Regel vertragliche Vereinbarungen geknüpft: Der Staat hat für eine den international geltenden Museums-Standards entsprechende Erhaltung zu sorgen. Das jeweilige Objekt soll der Öffentlichkeit und auch für Forschungs- und Studienzwecke zugänglich bleiben. Ein erkennbarer Hinweis, dass es sich um eine Schenkung des Landes Steiermark handelt, sei ebenso als Bedingung erwähnt.

Dazu gehört die im März 2020 vom Land Steiermark und dem Joanneum verlautbarte Rückgabe einer Sammlung von 197 Ethnographika an Brasilien. Die Pandemie durchkreuzte vorerst die reale Umsetzung. Aber demnächst ist es so weit. Die ab 1953 vom christlichen Missionar Anton Lukesch und seinem Bruder aufgebaute Sammlung war 1982 über einen Ankauf in den Besitz des Landes Steiermark gekommen. Der Verkaufserlös diente damals der Finanzierung einer Krankenstation für Indigene. Von kolonialem Kontext wäre in diesem Fall also nicht zu sprechen. Die Sammlung Lukesch findet eine neue Heimat im brasilianischen Nationalmuseum in Rio de Janeiro, dessen Bestand durch eine Brandkatastrophe 2018 großteils vernichtet wurde.

"Ethisch-moralische Fragestellung"

Anfang März ließ das Joanneum nun die Übergabe eines weiblichen Marmorkopfes an den libyschen Botschafter in Wien folgen. Die sogenannte Faustina stammt ursprünglich aus Libyen und war 1967 in einem Waldstück in der Nähe von Graz gefunden und für das Joanneum angekauft worden. Dass die 18 Kilogramm schwere Skulptur mutmaßlich im zeitlichen Umfeld des Zweiten Weltkrieges aus dem Museum von Appolonia in Libyen verschwand, war seit den 1970er-Jahren bekannt.

Die genaueren Umstände sind – trotz aktiver und jahrelanger Forschung am Joanneum – bis heute ungeklärt. Für eine Entziehung in der NS-Zeit fanden sich keine Hinweise – deshalb auch keine am österreichischen Kunstrückgabegesetz orientierte Restitution, sondern eine Schenkung. Der Unrechtskontext mag nicht immer zweifelsfrei gegeben sein. Für den UMJ-Direktor Johann Muchitsch geht es dabei aber auch um die "ethisch-moralische Fragestellung", ob man "solche Objekte in seiner Sammlung haben" möchte.

Zusätzliche finanzielle Mittel

Wie im aktuellen Regierungsprogramm verankert, wird Provenienzforschung für öffentliche Bestände nicht nur weitergeführt, sondern wurde explizit um solche in kolonialem Kontext erweitert. Dafür gab es in einem ersten Schritt auch zusätzliche finanzielle Mittel. Vier Bundesmuseen bekamen für die spezifischen Bestände projektbezogen je 40.000 Euro: das Technische Museum, das Naturhistorische Museum, das Museum für angewandte Kunst sowie das Weltmuseum, das angesichts seines Bestandes den mit Abstand größten Forschungsaufwand in den nächsten Jahren vor sich hat. (Olga Kronsteiner, 7.4.2021)