"Ich bin nicht berühmt, ich muss es auch nicht werden, ich will es gar nicht." Das sagt einer, der in anderen Ländern längst ein Superstar wäre. Jakob Pöltl ist Österreichs erster und einziger Basketballer in der nordamerikanischen Profiliga, der Wiener hat sich in seiner fünften NBA-Saison bei den San Antonio Spurs etabliert. Pöltl (25) hat, so sehen es nicht wenige der Kundigen, einen mehrmaligen All-Star-Spieler (Marcus Aldridge) aus der Mannschaft gedrängt, ohne Aldridge und mit Pöltl ist San Antonio jedenfalls stabiler geworden. Und Pöltl, der regelmäßig in der Startformation steht, bekommt oft gute Kritiken. Dass es zuletzt nicht nach Wunsch lief, lag eher an Kollegen, die müde wirkten, denn an ihm.

Jakob Pöltl macht aus seinem Alter (25) kein Hehl. Der Wiener wird in San Antonio ob seiner Defensivstärken geschätzt.
Foto: USA TODAY Sports/Jerome Miron

In diesem Spieljahr hat Pöltl schon zehn Double-Doubles verbucht, also an Punkten wie Rebounds zweistellig abgeschlossen. Der Defensivspezialist schaltet sich mittlerweile gerne auch in die Offensive ein, am Rebound ist er da wie dort eine Macht. Er taucht in etlichen NBA-Statistiken im Spitzenfeld auf, derzeit liegt er bei den Rebounds an 21., bei den Blocks an achter Stelle. Das kann sich sehen lassen, schließlich sind dreißig Teams im Einsatz, macht 150 Spieler in den Startformationen, circa noch einmal so viele kommen von den diversen Ersatzbänken dazu. Allein Pöltls Freiwurfquote, heuer gerade einmal 40 Prozent, könnte besser oder sogar viel besser sein.

Pops Werk, Pöltls Beitrag

Gedraftet hatten Pöltl die Toronto Raptors, dort debütierte er 2016 am 26. Oktober, seither hat Österreich quasi doppelt Grund zum Feiern. Nach zwei Jahren in Kanada wechselte der 2,16 Meter große Center nach San Antonio, bei den Texanern fiel er Gregg Popovich in die Hände. Der ist nicht erst eine Trainerlegende, seit er Donald Trump einen "irren Idioten", "pathologischen Lügner" und "seelenlosen Feigling" hieß. "Pop" gewann mit den Spurs fünf NBA-Titel, war dreimal Coach des Jahres.

Aus einem sechsten Titel dürfte so bald nichts werden, San Antonio muss wohl auch heuer um die Playoff-Teilnahme bangen, liegt derzeit auf Rang neun der Western Conference. Die Spurs befinden sich im Um- und Neuaufbau, Pöltl soll dazu seinen Beitrag leisten. Im November haben die Spurs mit dem Österreicher um drei Saisonen verlängert, man einigte sich auf einen Vertrag über insgesamt 26,25 Millionen Dollar (22,13 Mio. Euro), allein für die Zeit der Pandemie wird knapp ein Fünftel von Pöltls Gehalt einbehalten, er wird es überleben. Über Fußball, der über zwei Spiele in sogenannten englischen Wochen klagt, würde Pöltl lächeln, wenn er dafür nicht zu höflich wäre. Er spielt meistens vier Partien pro Woche, ausnahmsweise können es sogar fünf Matches sein.

San Antonio Spurs

Routine und Spaß

Sein Leben besteht aus "Basketball-Spielen, Reisen, Essen, Schlafen", sagt er dem STANDARD. "Sogar das Training fällt fast zur Gänze weg. Da geht es fast nur noch um Regeneration. Was wir unseren Körpern antun, ist nicht ohne." Eisbäder, Massagen, Stretching sind Pöltls tägliche Routine. "Jeder Spieler ist angehalten, so gut wie möglich auf seinen Körper zu achten. Wir müssen uns alle durchkämpfen."

Nach rasend viel Begeisterung klingt das nicht. Das mag der Belastung geschuldet sein, die Corona-bedingt noch größer ist als sonst. Aber Pöltl betont: "Basketball macht mir immer noch viel Spaß. Ich bin wahnsinnig froh, dass das mein Job ist." Froh ist er auch darüber, dass sich die politische Lage in den USA beruhigt hat. Seit Trump abdanken musste, "herrscht Gott sei Dank weniger Trubel".

Berühmt werden muss und will er nicht. Aber was will Jakob Pöltl? Da muss er kurz nachdenken. "Ich will mir den Spaß am Sport erhalten", sagt er dann, "und noch lange Basketball spielen." Wie es um seinen Sport in Österreich steht, liegt ihm am Herzen. Die Hoffnung hat er, dass er dem einen oder anderen Talent daheim ein Vorbild sein kann. Ansonsten konzentriert er sich aufs nächste Spiel. Binnen acht Tagen treten die Spurs fünfmal auswärts an, zweimal in Denver sowie in Dallas, Orlando und Toronto. San Antonio kann jedem Gegner gefährlich und von jedem Gegner gefährdet werden. Pöltl hebt das Positive hervor: "The sky is the limit." (Fritz Neumann, 7.4.2021)