Amalia True (Laura Donnelly) und Penance Adair (Ann Skelly, re.) kämpfen an vielen Fronten.

Foto: HBO/Sky

Dank besonderer Begabungen sind sie ihren Mitmenschen in einigen Dingen voraus.

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Zur Gruppe der "Touched" zu gehören bedeutet, eine besondere Fähigkeit zu haben. Das müssen nicht immer Superkräfte sein, es kann auch eine Supergröße bedeuten.

Superkräfte können nerven. Wenn ausgerechnet bei der Premiere von "Faust" die Zukunftsvisionen reingrätschen, kann nun niemand eine Freude haben. Noch dazu, wenn sie so besorgniserregend sind, wie die von True. Und True – so sagt der Name – irrt nicht. Also blubbert das Blut in der nächsten Sekunde wie vorher gesehen aus der Kehle des Mephisto so heftig heraus, dass an Ariensingen nicht zu denken ist. Die Täterin ist auf offener Bühne geständig, aber ganz bei Trost scheint sie nicht zu sein. Der Abend ist jedenfalls damit gelaufen. Und wer bis hierher noch letzte Zweifel hatte – jetzt ist es Gewissheit: Hier stimmt etwas nicht.

Die Dinge sind etwas ver-rückt in "The Nevers", seit Montag auf Sky. Eine unbekannte Kraft hat Feenstaub über das viktorianische London gestreut, wodurch Menschen – vornehmlich Frauen – zu den "Touched" gehören. Ihre Gabe ist super, kann Gutes bewirken, aber – siehe Oper – auch weniger toll genutzt werden. Amalia True (Laura Donnelly) und die gewitzte junge Erfinderin Penance Adair (Ann Skelly) sind so etwas wie die Hohepriesterinnen unter den "Touched". Sie wohnen in einem Dorf der Auserwählten, wo ihre Besonderheit nicht groß auffällt. Es sei denn, sie ist so augenscheinlich, wie das fünfzehn Meter großes Mädchen, das sich ein wenig einsam fühlt. Man wird es aber noch brauchen, weil die "Touched" sind dazu auserkoren, für sich und gegen dunkle Mächte zu kämpfen, die sie umringen.

Es geht um alles, vor allem aber um Freundschaft und Zusammenhalt

Gut gegen böse, Fortschritt gegen Rückschritt, verrückt, normal, lebend, tot, Feminismus, Altherrensnobismus – in "The Nevers" geht es um das große Ganze, vor allem aber um Freundschaft und Zusammenhalt und um positive Signale in schwierigen Zeiten.

Umso betrüblicher wirkt der Umstand, dass die Serie durch die negativen Ereignisse ihrer Entstehung überschattet wihres Machers Joss Whedon. Der Macher "Buffy", "Angel", "Marvel’s Agents of S.H.I.E.L.D.", "Marvels: The Avengers" und zuletzt "Justice League" verließ die Serie noch vor Fertigstellung.

Whedon gab physische Gründe als Erklärung an. Im Hintergrund wurden Vorwürfe über herablassendes Verhalten des Serienmachers laut. Es war nicht das erste Mal. So soll er "Justice-League"-Darstellerin Gal Gadot gedroht haben, deren Karriere zu zerstören. Unflätiges Benehmen und Beschimpfungen wurde auch aus früheren Produktionen bekannt.

Und nicht zuletzt hat Whedon die ungeliebte Version von "Justice League" zu verantworten. Warner zog den ursprünglich vorgesehenen Zack Snyder von dem DC-Projekt ab und beauftragte Whedon. Der Film floppte, Snyders vierstündige Version erlebt aufgrund heftiger Fanproteste seine vielbeachtete Aufführung. Etwas Feenstaub hätte vielleicht auch Whedon geholfen. (Doris Priesching, 13.4.2021)