Man gibt sich an diesem Morgen vor den Werkstoren von MAN im oberösterreichischen Steyr auffallend zugeknöpft, was sich aber nur bedingt mit den ungewöhnlich kalten April-Temperaturen begründen lässt. Vielmehr ist die Stimmung unter der Belegschaft des Lkw-Herstellers spürbar erkaltet und deutlich angespannt.

Am Mittwoch nämlich stand vor allem die Urabstimmung über die Zukunft des Standorts Steyr auf dem Produktionsplan. Von fünf bis 23 Uhr waren rund 2.300 Beschäftigte aufgerufen, ihr Votum zu einem Verkauf an die WSA Beteiligungs GmbH des früheren Magna-Chefs Siegfried Wolf in einem der vier Wahllokale abzugeben. Dessen Übernahmeplan sieht im Kern eine Verkleinerung der Stammbelegschaft von 1.845 auf 1.250 sowie Gehaltskürzungen vor.

Im Oktober ging die MAN-Belegschaft mit einer klaren Haltung zu den Zusperrplänen auf die Straße.
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Voraussetzung, um stimmberechtigt zu sein, war laut Belegschaftsvertretung, an der Vollversammlung im März teilgenommen zu haben. Über den Urnengang selbst wachte eine Wahlkommission mit Vertretern des Unternehmens, der Gewerkschaft sowie des Arbeiter- und des Angestelltenbetriebsrats. An ihnen liegt es auch, am Donnerstag mit der Auszählung zu beginnen und dann, zunächst intern, ein finales Ergebnis zu präsentieren.

Am Wahltag selbst wollte sich vonseiten der Belegschaft kaum jemand öffentlich äußern. Man habe "den Rat bekommen, nicht mit Journalisten zu reden", entgegnet etwa ein junger MAN-Mitarbeiter auf die Frage, mit welchem Abstimmungsergebnis er rechne. Fakt ist aber trotz aller Verschlossenheit: Es könnte knapp werden. Denn der Ärger unter der Belegschaft ist ungebrochen groß, dass die MAN-Führungsetage andere Übernahmeangebote – etwa ein "Green Mobility Center" eines Konsortiums rund um den Linzer Unternehmer Karl Egger (Kekelit) – bereits im Vorfeld ad acta gelegt hat und nur mit Wolf in konkrete Verhandlungen trat.

So sahen die Abstimmungszettel am Mittwoch aus.
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Der 63-jährige Steirer setzte zumindest in den letzten Tagen alles daran, die Belegschaft vor dem entscheidenden Urnengang noch auf seine Seite zu ziehen. So stand selbst am Ostermontag noch ein längerer Besuch im Werk auf dem Managerkalender.

Wolf peilt jedenfalls mindestens eine Zweidrittelmehrheit an. Was geschieht, wenn diese nicht zustande kommt, ist aber weiter unklar. Die MAN-Zentrale in München hat diesbezüglich bereits klargestellt, dass für sie die einzige Alternative eine Schließung des Standorts ist. Der Betriebsrat pocht hingegen nach wie vor auf die Standortgarantie und will diese in Form einer Sammelklage einklagen, sobald betriebsbedingt Kündigungen ausgesprochen werden.

Massiver BIP-Rückgang

Produziert werden sollen, laut Wolf, leichte Kastenwagen mit Dieselmotoren und Elektroantrieb sowie Pritschenwagen, mittlere Lkws zwischen sechs und zwölf Tonnen sowie ein City-Bus mit Elektroantrieb und ein Bus für den Regionalverkehr.

Eine Schließung des MAN-Werks in Steyr, wie sie derzeit im Raum steht, hätte für die gesamtösterreichische Wirtschaftsleistung und die Region heftige negative Folgen. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine Studie des Leiters der Initiative Wirtschaftsstandort Oberösterreich, Friedrich Schneider. Es drohten ein BIP-Rückgang von 957 Millionen Euro und der Verlust von 8.400 Arbeitsplätzen – inklusive der Jobs im MAN-Werk.

Laut Schneider sollten daher alle Anstrengungen unternommen werden, den kontinuierlichen Fortbestand des Lkw- und Bus-Werks zu sichern. (Markus Rohrhofer, 7.4.2021)