Die Gashüllen fremder Planeten geben am Übergang von der Tag zur Nachtseite langsam ihre Geheimnisse preis.
Illustr.: INAF/Marco Galliani

HD209458b ist ein heißer Gasplanet, nicht unähnlich unserem Jupiter, mit dem Unterschied, dass der Exoplanet um ein Drittel weniger Masse besitzt, aber zweieinhalb Mal so groß ist. Diese "fluffige" Welt in 160 Lichtjahren Entfernung – von ihren Entdeckern informell Osiris getauft - verdankt ihre geringe Dichte der Nähe zu ihrem Stern. Kaum sieben Millionen Kilometer trennen HD209458b von seinem sonnenähnlichen Zentralgestirn – zum Vergleich: Beim innersten Planeten des Sonnensystems, dem Merkur, sind es 58 Millionen Kilometer. Daher dauert ein Jahr auf diesem sogenannten "Heißen Jupiter" gerade einmal dreieinhalb irdische Tage.

Über 20 Jahre unter Beobachtung

Auf der Suche nach höherem Leben mag man bei einer solchen 1000-Grad-heißen Gluthölle an der falschen Adresse sein, Weltraumchemikern gewährt diese Klasse von Exoplaneten aber die kostbare Gelegenheit, außerirdische Atmosphären genauer zu untersuchen. Osiris ist in dieser Hinsicht ganz besonders gut positioniert, weshalb er schon 1999 entdeckt worden war.

Von der Erde aus blickt man ziemlich genau auf die Kante der Umlaufebene von Osiris. Der Planet zieht also häufig über die Scheibe des Zentralgestirns hinweg – Fachleute sprechen von einem Transit. Einige der stellaren Lichtstrahlen durchqueren auf ihrer Reise zu uns auch die von der Hitze aufgeblähte Atmosphäre des Planeten. Dabei verändert sich das Lichtspektrum in charakteristischer Weise, je nach dem, welche chemischen Verbindungen der Strahl durchleuchtet hat.

Nicht alle Systeme eignen sich gleich gut für die Transitspektroskopie, diese hier erwiesen sich aber .als vielversprechend. Zum Vergleich: unten rechts sieht man die die Sonne hinter den Planeten Jupiter, Neptun und Erde.
Illustr.: Erik Aronson/Uppsala University

Wasser und andere Substanzen

Beobachtungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop zeigten sogar, dass Osiris einem Kometen gleicht, weil der Zentralstern seine Gashülle schweifförmig in den Weltraum verbläst. Aufgrund dieser günstigen Eigenschaften gelangen an HD209458b bereits einige astronomische Premieren: 2007 beispielsweise wies man mit Hubble den Schichtaufbau seiner Atmosphäre nach, im selben Jahr entdeckte man im Lichtspektrum von Osiris auch Wasser – etwas, das bis dahin noch bei keinem Exoplaneten geglückt ist. Dass es dort auch Sauerstoff und Kohlenstoffverbindungen geben könnte, haben Spektralanalysen schon 2003 nahe gelegt.

Nun hat ein internationales Team die Atmosphäre von Osiris anhand der Lichtspektren weiter entschlüsselt. Die aktuellen Forschungen, an denen auch Wissenschafter des Grazer Instituts für Weltraumforschung (IWF) beteiligt sind, enthüllten insgesamt sechs Moleküle und skizzierten damit die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre des Exoplaneten so detailliert wie nie zuvor.

Der Aufbau der Gashülle von Osiris.
Illustr.: NASA, ESA, and A. Feild (STScI)

Die Forscher haben die Gashülle von HD209458b mithilfe des italienischen Telescopio Nazionale Galileo (TNG) auf der Kanareninsel La Palma näher unter die Lupe genommen. "Wir haben Wasser, Kohlenmonoxid, Cyanwasserstoff, Methan, Ammoniak und Acetylen gefunden", erläuterte Luca Fossati, der die Forschungsgruppe Exoplaneten am Grazer Institut für Weltraumforschung der ÖAW leitet.

Hinweise auf den Geburtsort

Der Nachweis der Moleküle lässt auf eine größere Häufigkeit von Kohlenstoff als von Sauerstoff schließen. "Das bedeutet wiederum, dass sich der Planet in großer Entfernung von seinem Stern gebildet hat und dann auf ihn zugewandert ist", meint der Mitautor der Studie, die nun im Fachjournal "Nature" erschienen ist.

Das Team sammelte Daten von insgesamt vier Transits. Bei der Analyse der chemischen "Fingerabdrücke" im Lichtspektrum des Sterns beschritten die Forscher teilweise Neuland. In den meisten Fällen konzentrieren sich Wissenschafter im infraroten Wellenlängenbereich speziell auf Wasser – jenem Molekül, das in diesem Bereich des Spektrums dominant vorhanden ist. "Wir haben uns jedoch gefragt: Hinterlassen all die anderen Moleküle, die wir theoretisch erwarten würden, keine beobachtbaren Spuren?", so Fossati.

Video: Wie man ferne Atmosphären untersucht.
NASA Goddard

Vielversprechende Methode

Um das herauszufinden, haben die Forscher die Analysetechnik mit großem Aufwand verfeinert. Die neu entwickelte Technik könnte laut den Autoren in der Ära der bodengebundenen Teleskope der nächsten Generation, wie etwa den Extremely Large Telescopes, zum Einsatz kommen, um die Atmosphäre erdähnlicher Exoplaneten nach echten Biomarkern, wie zum Beispiel molekularem Sauerstoff, zu durchsuchen, die dann Hinweise auf potenzielles Leben geben könnten. (tberg, red, 10.4.2021)