Wissenschafter und Aktivisten warnen regelmäßig davor, dass die Klimaziele der Nationalstaaten zu niedrig sind. Laut einer Studie sind jene der Bundesländer noch deutlich niedriger.

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Wien – Föderalismus wird in Österreich großgeschrieben. Dass in Wien beschlossene Maßnahmen nicht immer mit dem übereinstimmen, was in den Bundesländern passiert, hat spätestens die Bekämpfung der Corona-Pandemie verdeutlicht. Aber auch darüber hinaus gibt es deutliche Unterschiede – etwa beim Klimaschutz. Hier herrscht noch großer Anpassungsbedarf zwischen dem von ÖVP und Grünen formulierten Ziel und jenen der Länder, wie eine am Donnerstag präsentierte Studie zeigt.

Die Regierung hat sich das Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu werden. Dafür – und auch aufgrund neuer EU-Vorgaben – wird das Zwischenziel bis 2030 noch angehoben werden müssen. Bisher gab die EU vor, dass Österreich seinen Treibhausgasausstoß außerhalb des Emissionshandels bis 2030 im Vergleich zu 2005 um 36 Prozent reduzieren muss. Doch selbst für diesen Wert reichen die Ziele der Bundesländer nicht aus, wie die Studie der Österreichischen Energieagentur zeigt. Sie geht davon aus, dass die EU die Vorgabe für Österreich auf minus 50 bis 55 Prozent anheben wird.

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Zusammengerechnet kommen die Länderziele bislang allerdings nur auf ein Minus von 31 Prozent, erklärte Co-Studienautor Günter Pauritsch auf einer Pressekonferenz. Die Erhebung zeigt auch, wie weit Österreich insgesamt vom eigenen Klimaziel entfernt ist: Zwischen 2005 und 2018 schrumpfte der Ausstoß gerade einmal um neun Prozent. Verglichen mit den Werten von 1990 sind die Emissionen sogar um fünf Prozent gestiegen. Die Studie bilde laut Pauritsch allerdings nur eine Momentaufnahme ab, die Klimastrategien der Länder würden laufend adaptiert werden.

Nichtsdestotrotz zeigt die Momentaufnahme die große Diskrepanz zwischen den Klimaschutzvorhaben, etwa auch im Bereich der Erneuerbaren. Deren Anteil am Bruttoendenergieverbrauch soll bis Ende des Jahrzehnts auf 46 bis 50 Prozent steigen. Doch auch hier stimmen die Länderpläne nicht mit jenen des Bundes überein: Das Delta beträgt laut Pauritsch bis zu elf Prozentpunkte.

Potenzial nicht ausgeschöpft

Im Bereich der Erneuerbaren sei das realisierbare Potenzial noch nicht ausgeschöpft, heißt es in der Studie. Besonders hoch ist der Zielanpassungsbedarf zwischen Ländern und Bund demnach im Bereich der Sonnenenergie. Großes Potenzial sieht die Energieagentur auch bei der Windkraft. Allerdings könnten nicht alle Bundesländer aufgrund ihrer Begebenheiten das Ziel von hundert Prozent erneuerbarem Strom erreichen. Hier müssten sich die Bundesländer "gegenseitig aushelfen".

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Damit die Klimaschutzziele nicht nur Wunschvorstellung bleiben, müssten die Bundesländer einen Zahn zulegen, lautete das Fazit am Donnerstag. Darüber hinaus müssten Bund und Länder besser zusammenarbeiten. Ein möglicher Rahmen dazu, die Novelle des Klimaschutzgesetzes, fehlt nach wie vor.

Das Paket, durch das das Klimaziel auf Sektoren heruntergebrochen wird, ist offenbar weitgehend fertig und befindet sich vor der Abstimmung. Wie konkret das Gesetz letztlich sein wird und ob die Regierung beispielsweise ein Treibhausgasbudget gemäß dem Pariser Klimaziel vorlegen wird, ist nicht bekannt. Erste Einblicke in eine mögliche Richtung gab der türkis-grüne Antrag zum Klimavolksbegehren. Hier verzichtete man jedoch auf die Nennung konkreter Zahlen.

Gewessler kündigte eine Aufstockung der Mittel für die thermische Sanierung und den Heizkesseltausch an.
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Eine konkrete Zahl nannte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Donnerstag hingegen im Bereich der Sanierungsoffensive. Die Mittel für den Heizkesseltausch und die thermische Sanierung wurden um 100 auf insgesamt 750 Millionen Euro aufgestockt. Das Geld ist für die einkommensschwächsten 20 Prozent der Haushalte in Österreich reserviert und für heuer und 2022 vorgesehen. Sie sollen bis zu 100 Prozent der Investitionskosten für den Umstieg auf ökologischere Systeme ersetzt bekommen, hieß es in einer Pressekonferenz. Die zusätzlichen Mittel seien mit der ÖVP auch für den Finanzrahmen 2023/2024 vereinbart worden.

Wien stellt Klimaförderpaket vor

Mehr Geld für den Klimaschutz soll es künftig auch in Wien geben. Ende April will die rot-pinke Stadtregierung ein Förderpaket für regionale Klimamaßnahmen beschließen. Den Bezirken sollen künftig pro Jahr 20 Millionen Euro für Projekte im Rahmen des Programms "Lebenswerte Klimamusterstadt" zur Verfügung stehen. Laut der Wiener Stadtregierung stünde damit doppelt so viel Budget zur Verfügung wie bisher. Das Förderprogramm ist für die kommenden fünf Jahre anberaumt und kann beispielsweise in Begrünungs- und Kühlungsmaßnahmen fließen. (Nora Laufer, 8.4.2021)