Vizekanzler Werner Kogler (rechts) vertritt derzeit den erkrankten Gesundheitsminister Rudolf Anschober.

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Rudolf Anschober ist krank. Und wie bei jedem Menschen ist das zunächst einmal seine von Persönlichkeitsrechten geschützte Privatsache. Rudolf Anschober ist aber auch Politiker und als grüner Gesundheitsminister Mitglied der Bundesregierung, die momentan wegen der Corona-Krise unter Dauerstress steht. Kein Wunder also, dass sich in Anschobers Büro Nachfragen nach dem werten Befinden des Ministers häufen. Immerhin war er erst Mitte März einige Tage im Krankenstand.

Kommende Woche wieder im Einsatz

Auch DER STANDARD hat nachgefragt und die sehr kurze Antwort erhalten: "Er ist krank, und er kommt in wenigen Tagen wieder." Ende. Auch über die Nachrichtenagenturen ratterte später die Meldung, dass Minister Anschober kommende Woche wieder im Einsatz sein werde. Das ist erfreulich.

In der Zwischenzeit muss ihn aber irgendwer vertreten. Wer ist also gerade in Charge im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz? Und wer bestimmt das? Und wie ist das bei anderen wichtigen Regierungsposten geregelt?

Minister vertritt Minister

Im Bundesverfassungsgesetz sind die Vertretungen genau festgehalten. Eine erkrankte Ministerin oder ein maroder Minister kann von anderen Ressortchefinnen oder -chefs vertreten werden, von einem Staatssekretär oder von einem leitenden Beamten aus dem Ministerium. Innerhalb dieser Vorgaben hat ein erkrankter Minister quasi freie Wahl, vorausgesetzt, die Vertretung sagt zu. Außerdem müssen Bundespräsident und Bundeskanzler informiert werden. Anschober entschied sich diesmal für Vizekanzler Werner Kogler, bei seiner kurzen Erkrankung im März hatte Verkehrsministerin Leonore Gewessler übernommen.

Die eigene Fraktion, bei Anschober die Grünen, hat wenig überraschend Vorrang. Auch Justizministerin Alma Zadić ließ sich während ihrer Babypause von Kogler vertreten. Gerade in diesem Fall hat sich gezeigt, dass eine ministerielle Vertretung kein salopper Nebenjob ist. So musste Kogler etwa seinen Sanktus unter die mit dem türkisen Regierungspartner ausgehandelte Staatsschutzreform setzen.

Kanzler-Thronfolge

Auch beim Bundeskanzler ist die Vertretung im Fall einer Krankheit oder einer längeren Abwesenheit klar geregelt. Wozu gibt es schließlich einen Vizekanzler? Parteigrenzen spielen dann keine Rolle mehr.

Fallen Kanzler und Vizekanzler aus, was in Zeiten der Corona-Pandemie nicht auszuschließen ist, dann kommt die dienstälteste Ministerin oder der dienstälteste Minister an die Reihe. Derzeit sind das Elisabeth Köstinger, Margarete Schramböck und Heinz Faßmann von der ÖVP. Weil Unterrichtsminister Faßmann unter diesen drei der Älteste ist, wäre er in der Kanzler-Thronfolge der Erste.

Bundespräsident

Der Bundespräsident hat keinen Stellvertreter, also ließ sich die Republik Folgendes einfallen: Ist der HBP durch Krankheit verhindert, dann vertritt ihn der Bundeskanzler – aber nur für höchstens zwanzig Tage. Das gilt übrigens auch, wenn sich der Bundespräsident auf Mission außerhalb der EU befindet. Dauert die Verhinderung länger, dann übernimmt das dreiköpfige Präsidium des Nationalrates als Kollegialorgan die Funktionen des Staatsoberhauptes.

Ist von den drei Nationalratspräsidenten eine oder einer krank, entscheiden die beiden anderen. Spannend wird es dann, wenn sich diese beiden Personen in einer Angelegenheit nicht einig sind. Dann zählt das, was der oder die Ranghöhere entscheidet. Sind alle drei Präsidenten bzw. Präsidentinnen des Nationalrats außer Gefecht, übernimmt kurzerhand und vorübergehend der älteste Mandatar.

Ein Drittel Nationalrat

Der Nationalrat selbst bleibt beschlussfähig, selbst wenn zwei Drittel aller Abgeordneten im Krankenstand sind. Zumindest für einfache Gesetze reicht die Anwesenheit von einem Drittel, also 61 Mandataren, aus. Um Verfassungsgesetze beschließen zu können, muss mehr als die Hälfte aller 183 Abgeordneten erscheinen.

Und wenn alle Stricke reißen, gibt es noch das sogenannte Notverordnungsrecht, das "im Einvernehmen mit dem vom Hauptausschuss des Nationalrats einzusetzenden ständigen Unterausschuss" ausgeübt wird. In diesem Unterausschuss befinden sich 21 Mandatare aller Fraktionen. (Colette M. Schmidt, Michael Simoner, 8.4.2021)