Sloweniens Premier Janez Jansa hatte dem ARD-Korrespondenten Nikolaus Neumaier via Twitter vorgeworfen, Zensurmethoden im Stil des nationalsozialistischen Kampfblatts "Der Stürmer" und des sowjetischen Zentralorgans "Prawda" anzuwenden.

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Wien – Der Verband der Auslandspresse in Wien kritisiert Angriffe gegen Korrespondenten in den Nachbarländern Slowenien und Ungarn. Man sei "höchst besorgt" über den Angriff des slowenischen Regierungschefs Janez Jansa gegen das ARD-Studio Wien und die Attacke des ungarischen Staatsfernsehens gegen das Magazin "Profil", teilte der Verband am Freitag mit. "Wir verurteilen diese Versuche, kritischen Journalismus zu denunzieren", sagte Vizepräsident Ivo Mijnssen.

Jansa hatte dem ARD-Korrespondenten Nikolaus Neumaier via Twitter vorgeworfen, Zensurmethoden im Stil des nationalsozialistischen Kampfblatts "Der Stürmer" und des sowjetischen Zentralorgans "Prawda" anzuwenden. Er bezog sich dabei auf einen Bericht über den zunehmenden Druck auf Medienschaffende in Slowenien.

"Inakzeptabler Vergleich"

"Der Vergleich mit zwei der übelsten Propaganda-Blätter des 20. Jahrhunderts ist inakzeptabel, und der Verweis auf das nationalsozialistische Wochenblatt 'Der Stürmer' bedient auf billigste Weise antideutsche Ressentiments", erklärte Mijnssen.

Besonders irritierend seien die Angriffe angesichts der Tatsache, dass Slowenien in wenigen Monaten die EU-Ratspräsidentschaft übernehme und somit Europa gegenüber dem Rest der Welt vertrete. Zu den Werten der EU gehöre auch die in der Charta der Grundrechte festgehaltene Achtung der Freiheit und Pluralität von Medien, erinnerte der Verband der Auslandspresse.

"Besorgniserregende Tendenz"

"Die Angriffe der Regierung Jansa gegen Journalisten im In- und Ausland sind leider symptomatisch für eine besorgniserregende Tendenz in Österreichs Nachbarschaft", so Mijnssen. Ebenfalls diese Woche sei die "Profil"-Journalistin Franziska Tschinderle im ungarischen Staatsfernsehen "massiv verleumdet" worden – "lediglich deshalb, weil sie Fragen zur Bildung einer neuen Fraktion im EU-Parlament übermittelt hatte". Seit Jahresbeginn habe es in den Regierungsmedien ähnliche Kampagnen gegen weitere ausländische Medienvertreter gegeben.

Der Verband der Auslandspresse verurteilte auch dies. "Die neue Qualität von Angriffen, die auf einzelne Personen zielen, schaffen ein Klima der Einschüchterung." Der Verband betonte, dass seine Mitglieder keine Ideologien vertreten, sondern mit kritischem und analytischem Blick auf Politik und Gesellschaft blicken würden – "nicht nur in Ungarn und Slowenien, sondern auch in Österreich". Der Verband begrüßte, dass das Außenministerium in Wien den Angriff gegen "profil" auf Ministerebene angesprochen habe.

Schallenberg verteidigt Journalistin

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) twitterte am Donnerstagnachmittag zu dem Fall: "Kritische Fragen zu stellen, ist Kernaufgabe von Medien. Der Umgang durch (Ungarns Staatssender, Anm.) #M1 mit @tschinderle ist daher unvertretbar." Er selbst habe sofort mit dem ungarischen Außenminister Péter Szijjártó telefoniert. Auch der österreichische Botschafter in Budapest, Alexander Grubmayr, werde "diese Position in aller Deutlichkeit darlegen". (APA, 9.4.2021)