Je mehr eines bestimmten Botenstoffs vorhanden war, desto höher der Antikörperspiegel – so eine aktuelle Studie aus Deutschland.
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Ein weiteres Puzzleteil, das zum Verständnis der Covid19-Erkrankung beiträgt, ist gefunden: Ein deutsches Forschungsteam fand heraus, dass der körpereigene Botenstoff Interleukin-33 vermutlich mit der Immunität gegen das Coronavirus zusammenhängt.

Dieser Stoff wird von Zellen freigesetzt, die Gefahren in ihrer Umgebung wahrnehmen. Interleukin-33, kurz: IL-33, alarmiert Zellen des Immunsystems, wenn diese ein zweites Mal auf ein Virus stoßen. Der Botenstoff ist einem Team des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie und Epigenetik sowie des Freiburger Universitätsklinikums besonders aufgefallen, wie es im Fachmagazin "Nature Communications" schreibt.

Antikörper gegen Spike-Protein

Nach einer Infektion – oder auch einer Impfung – wird in der Regel eine komplexe Immunantwort im Körper ausgelöst, um eine gewisse Immunität gegen das Virus zu entwickeln. Dazu gehören vor allem zwei Arten von weißen Blutkörperchen: sogenannte B-Zellen, die Antikörper produzieren, und Gedächtnis-T-Zellen, die eine bestimmte erlernte Immunreaktion auf den Auslöser speichern. Welche Stoffe dabei eine wichtige Rolle spielen und wie die einzelnen Schlüsselfiguren miteinander interagieren ist essenziell, um Impfungen und Medikamente zu entwickeln oder zu verbessern. Das ist vor allem notwendig, weil sich abzeichnet, dass wir lernen müssen, langfristig mit Covid umzugehen und Therapien zu entwickeln.

In der Freiburger Studie untersuchten die Forschenden schon zu Beginn der Pandemie Blutproben von 155 Personen, die bereits erkrankt waren. Die meisten von ihnen wiesen eher leichte Symptome der Krankheit auf, nichtsdestotrotz war ihr Spiegel an Antikörpern gegen das Sars-CoV-2-Spike-Protein nach zwei Monaten hoch.

Auffälliger Botenstoff

Um zu prüfen, wie das Immunsystem einer genesenen Person wohl auf eine zweite Begegnung reagiert, nahm das Team wiederum die Blutzellen zur Hand und setzte sie den Virus-Proteinen aus. Die Gedächtnis-T-Zellen, die sich gebildet hatten, reagierten schnell auf die erneute Virusbegegnung.

"Gleichzeitig haben wir eine breite Palette von Molekülen gemessen, die unsere Immunzellen verwenden, um miteinander zu kommunizieren", sagt die beteiligte Ärztin und Forscherin Petya Apostolova. Dabei sei in den Messungen vor allem der Botenstoff Interleukin-33 aufgefallen: "Die Menge an Interleukin-33 korrelierte mit der Menge an Antikörpern, die die Menschen gebildet hatten, sowie mit dem Aktivierungsgrad ihrer Gedächtnis-T-Zellen", sagt Apostolova. Kurz: Je mehr Antikörper und je aktiver die Gedächtnis-T-Zellen, desto mehr IL-33 konnten die Forschenden nachweisen.

Erster Hinweis

Damit wurde erstmals ein Hinweis auf den Zusammenhang zwischen der Immunität gegen Covid und der Produktion von IL-33 geliefert. "Wir vermuten, dass Interleukin-33, das normalerweise als Alarmsignal produziert wird, ein wichtiges Bindeglied zwischen Schutz und Krankheitsschwere sein könnte", sagt Cornelius Waller vom Universitätsklinikum Freiburg.

Zusätzlich analysierten die Forschenden öffentlich zugängliche Daten von Lungenzellen, die Patienten während einer Covid-19-Infektion entnommen wurden. Diese wiesen darauf hin, dass Interleukin-33 in deren Lungen produziert wurde. Was das genau bedeutet, muss in Zukunft näher untersucht werden und ist besonders relevant, da schwere Infektionen auch mit einer Schädigung des Lungengewebes einhergingen.

Chronische Lungenerkrankungen

Bekannt ist, dass IL-33 durch das Anregen von T-Zellen und der Produktion von Antikörpern positive Effekte hat. Allerdings kann es auch zu Entzündungen der Lunge beitragen: Frühere Studien weisen darauf hin, dass es auch mit chronischen Lungenerkrankungen in Verbindung steht.

Um dem genauen Einfluss nachzugehen, sind freilich weitere Studien notwendig. Da die Forschungsarbeit zu Beginn der Pandemie durchgeführt wurde, ist auch das Verhältnis zur Immunität gegen andere Mutanten näher zu untersuchen. Generell dürfte die Studie aber dazu beitragen, Covid- und andere virale Infektionskrankheiten besser zu verstehen, heißt es vom Forschungsteam. (red, 10.4.2021)