Seine Maske ist gefallen – und das mit einem einzigen kräftigen Ruck. Vielen galt Sebastian Kurz als politischer Heilsbringer; jung, ambitioniert, aufstrebend, anders, angetreten mit dem Versprechen einer sauberen Politik und der salonfähigen Härte gegen Migranten. "Neuer Stil" war das Mantra seiner Kanzlerwerdung – heute wird es nur noch schmähend von seinen Kritikern wiederholt. Die große Frage ist, was das nun eigentlich heißt.

Kurz ist in Beliebtheitsrankings abgestürzt, selbst internationale Medien berichten vom Fall des österreichischen Polit-Wunderkinds. Gegen Freunde und Parteifreunde des Kanzlers wird ermittelt. Von der Justiz sichergestellte Chatprotokolle bringen zutage, wie Kurz und seine Leute gemunkelt und gemauschelt haben. Gleichzeitig erreicht die Pandemie ihren neuen Höhepunkt. Auch in Europa hat Kurz einen nachhaltigen Imageschaden erlitten. Das ist Fakt.

Aber kann der Kanzler die Affären rund um ihn aussitzen? Oder ist – wie manche sagen – das Ende der Ära Kurz in Sicht? Man muss jenen, die jubeln, wohl die Stimmung vermiesen: Kurz wird Österreich trotz allem noch länger erhalten bleiben.

Sebastian Kurz ist demaskiert.
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Der Aufschrei über das unsaubere, vielleicht korrupte Verhalten der türkisen Truppe ist zwar nicht nur in Qualitätsmedien laut. Viele halten Kurz dennoch die Stange. Die Causen sind komplex, Ermittlungen oft langwierig. Nur weil sich viele über die Chats mit peinlichen Emojis amüsieren, heißt das nicht, dass sie die ÖVP nicht mehr wählen.

Kurz hat einen Aufstieg hingelegt, der seinesgleichen sucht. Der Status des politischen Messias ist endgültig Geschichte – aber deshalb nicht er selbst. Der rote Kanzler Werner Faymann konnte zeigen, wie man sich längst angezählt an der Macht hält. Der Lack von Kurz ist ab, darunter kommt der ungeschminkte Politiker hervor – den weiterhin viele schätzen.

Das wird sich so schnell nicht ändern. Nicht, bis auf der politischen Bühne jemand erscheint, der ihm ernsthaft Konkurrenz macht. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner legt in Umfragen zu, konnte als Epidemiologin inmitten der Pandemie dennoch nicht annähernd aufschließen. Die FPÖ befindet sich in einem internen Machtkampf zwischen Norbert Hofer und Herbert Kickl.

Spannend wird, wie sich Kurz eine Mehrheit sichert, sollte auch die Koalition mit den Grünen platzen. Vermutlich fände er eine Lösung. Kurz ist demaskiert, der talentierte Polittaktiker dahinter wird nun noch sichtbarer werden. (Katharina Mittelstaedt, 9.4.2021)