Pamela Rendi-Wagner will einen Beteiligungsfond der Öbag, um damit den MAN-Standort in Steyr zu retten.

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Die gesamte Pressekonferenz der SPÖ-Chefin.

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Wien/Steyr – Im Ringen um den Verbleib des MAN-Lkw-Werks in Steyr meldete sich nun immer mehr die Politik zu Wort. Am Freitagabend erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im ORF, dass er auf eine Rettung des Standortes und der Arbeitsplätze "hoffe". Darüber hinaus blieb der Kanzler aber sehr vage und vermied konkrete Hilfszusagen. Die sind am Samstag von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner gekommen, die im Rahmen einer Pressekonferenz einen staatlichen Beteiligungsfond zur Rettung des Werks in Steyr forderte.

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Rendi-Wagner warf der Bundesregierung vor, angesichts der sich anbahnenden Werksschließung monatelang untätig geblieben zu sein. Dadurch gefährde man insgesamt 8400 Arbeitsplätze in der Region, davon 2000 im Werk selbst. Daher soll umgehend ein "MAN-Gipfel" unter Beteilung aller Entscheidungsträger einberufen werden, auf dem eine zukunftsfähige Lösung für den Standort Steyr gefunden werden müsse. Die Regierung habe Möglichkeiten, sich dabei aktiv einzubringen, wie die SPÖ-Chefin erklärte: "Und zwar über die Österreichische Beteiligungs AG (Öbag)." Die Aufgabe der Staatsholding beschränke sich nicht nur auf das Verwalten von Aktien, so Rendi-Wagner.

10 Milliarden-Beteiligungsfond für Unternehmen

Der Sozialdemokratin schwebt ein neuer österreichischer Beteiligungsfond mit einem Gesamtvolumen von 10 Milliarden Euro vor, den die Öbag verwalten soll. Damit wären künftig Beteiligungen von maximal 20 Prozent an Unternehmen möglich, die sich in einer akuten Krisensituation befinden – wie nun etwa MAN in Steyr. Ziel solcher Beteiligungen sei es, Arbeitsplätze zu sichern und den Unternehmen helfen, zukunftsfit zu werden.

Im Falle von MAN verweist Rendi-Wagner auf die im Werk bereits eingeläutete Transformation hin zur Elektromobilität im Sektor Klein-Lkw. Dieser zukunftsträchtige Markt ermögliche einen Erhalt des Standortes Steyr, ist Rendi-Wagner überzeugt: "Strategische öffentliche Beteiligungen zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zum Erhalt wertvollen Know-hows sind zukunftsträchtige Investitionen." Dazu bedarf es allerdings einer neuen Öbag-Führung, die mehr als "nur ein Frühstücksdirektor mit 600.000 Euro Jahresgage" sein müsse, konnte sich die SPÖ-Chefin einen Seitenhieb auf den umstrittenen von der ÖVP eingesetzten Öbag-Chef Thomas Schmid nicht ersparen.

SPÖ-Chefin nimmt VW-Konzern in die Pflicht

Die SPÖ-Chefin nahm auch den Volkswagen-Konzern (VW), zu dem MAN gehört, in die Pflicht: "VW hat hier eine besondere Verantwortung zu übernehmen." Für sie sei es unverständlich, wieso man ein Werk, das seit Jahren Profite abwirft, schließen will. Zudem habe MAN in Steyr auch Staatshilfen erhalten, etwa um den Transformationsprozess hin zu Elektromobilität einzuläuten. "Was für ein System ist das, wo selbst Gewinne nicht mehr zählen", fragte sich Rendi-Wagner.

Die Bundesregierung müsse sich hinter die betroffenen Mitarbeiter in Steyr stellen, forderte die SPÖ-Chefin. Denn die Belegschaft stehe seit ihrem Votum gegen das Übernahmeangebot durch die WSA Beteiligungs GmbH von Siegfried Wolf zum Teil auch in der Kritik. 63,9 Prozent der 2.215 Beschäftigten hatten in einer Urabstimmung am Mittwoch diesen Übertritt abgelehnt. Er wurde ihnen als alternativlos zur Wahl gestellt und hätte den Abbau von fast 1000 Arbeitsplätzen sowie einen Nettolohnverzicht von 15 Prozent für die verbleibenden Angestellten bedeutet. Zudem wären sämtliche bestehenden Betriebsvereinbarungen aufgekündigt worden.

MAN will Werk bis 2023 verkaufen

Die MAN-Zentrale in München teilte nach dem Votum der Belegschaft umgehend mit, dass man nun die Schließungspläne weiterverfolgen werde. Die Belegschaftsvertretung in Steyr gibt sich hingegen nach wie vor kämpferisch und will weiterverhandeln. Der ehemalige Magna-Chef Wolf wollte mit seiner WSA Beteiligungs GmbH das Werk übernehmen, aber nur einen Teil der Belegschaft behalten. Die Zentrale sieht als einzige Alternative die Schließung des Werks bis 2023.

Sozialpartner, Betriebsrat und Politik drängen indes auf weitere auf Verhandlungen mit der zu Volkswagen gehörenden Konzernmutter MAN, um den Fortbestand des hundert Jahre alten Standorts über 2023 hinaus zu sichern. Doch MAN und Volkswagen-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch zeigen wenig Interesse. "In der Konsequenz dieses (Anm.: Abstimmungs-)Ergebnisses muss MAN die Schließungspläne für das Werk wieder aufnehmen", wiederholte Pötsch anlässlich einer Veranstaltung der deutschen Handelskammer in Wien, was MAN seit Wochen predigt. Außer Wolfs Angebot lägen keine Alternativen vor, "die es lohnt weiter zu verhandeln".

Hintergrund der im Raum stehenden Schließung des Werkes in Steyr sind Absichten des MAN-Konzerns, die Produktion wegen geringeren Lohnkosten nach Polen zu verlagern. Bereits im Herbst 2020 hat das Unternehmen die bestehende Standortgarantie, die bis 2030 gegolten hätte, aufgekündigt. Bis 2023 will man das Werk in Steyr verkauft haben. Der Betriebsrat in Oberösterreich kündigte an, als letzte Maßnahmen diese Standortsicherung bis 2030 einzuklagen. Denn durch die Vereinbarungen sollten betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31. Dezember 2030 ausgeschlossen werden. (Steffen Arora, 10.4.2021)