Eine Gruppe von Studierenden formierte sich zur "roten Bewegung", die gegen den Militärcoup protestiert. Sie verteilt Flyer und versprüht rote Farbe auf den Straßen.
Foto: AFP

Naypyidaw – In Myanmar sind nach Medienangaben 19 Menschen zum Tode verurteilt worden. Sie sollen im Zusammenhang mit der Tötung des Angehörigen eines Militärs schuldig gesprochen worden sein, zitierte am Freitagabend der militäreigene Sender Myawaddy TV eine Junta-Mitteilung. 17 der Verurteilten seien noch auf der Flucht. Nach Angaben von Bürgerrechtlern wurden am Freitag mehr als 80 Menschen bei Protesten gegen die Militärmachthaber getötet.

In der Stadt Bago nahe der Metropole Yangon hätten die Sicherheitskräfte Gewehrgranaten eingesetzt, um die Demonstranten auseinanderzutreiben, berichteten die Hilfsorganisation für politische Gefangene (AAPP) und das Nachrichtenportal "Myanmar Now" am Samstag. 82 Menschen seien dabei ums Leben gekommen. Bei einem Angriff auf eine Polizeiwache in Naungmon kamen am Samstag mindestens zehn Polizisten ums Leben. Medienberichten zufolge griff eine Allianz aus Milizen ethnischer Gruppen die Wache an. Sie spielen im Protest der Bevölkerung Myanmars gegen den Militärputsch eine zunehmende Rolle.

"Gesetze, die ihnen passen"

Der Vorfall, der zum Urteil führte, ereignete sich am offiziellen Gedenktag der Armee am 27. März im unter Kriegsrecht stehenden Stadtteil North Okkalapa in Yangon. Anrainern und örtlichen Medien zufolge handelte es sich bei den Verurteilten um Zivilisten, die gegen den Militärputsch gegen Regierungschefin Aung San Suu Kyi protestiert hatten. An dem Tag hatte die Militärgewalt in Myanmar mit mehr als 100 Toten ihren bisherigen Höhepunkt erreicht.

Junta-Angehörige und Polizisten sollen bei landesweiten Protesten mit scharfer Munition und gezielten Kopfschüssen gegen unbewaffnete Zivilisten vorgegangen sein. "An dem Tag haben sie Menschen in unserem Stadtteil getötet und Schüsse in die Häuser von Zivilisten abgefeuert", sagte Min Min, ein Einwohner North Okkalapas, der Deutschen Presse-Agentur. Vor dem jetzigen Todesurteil habe das Militär den Leichnam eines Angehörigen gefunden und Menschen in den Stadtteilen dafür verhaftet, sagte er. "Aber sie können uns töten, wie es ihnen gefällt, und nach den Gesetzen regieren, die ihnen passen."

"Freie Wahlen"

Am Freitag hatte die Junta von Plänen gesprochen, den von ihr verhängten einjährigen Ausnahmezustand in dem Krisenland "um sechs Monate oder länger" auszudehnen, wie ihr Sprecher Zaw Min Tun in einem Interview des US-Senders CNN sagte. Gleichzeitig versicherte er, dass "freie und faire Wahlen" organisiert würden, wie es von der Verfassung vorgegeben sei. "Die demokratischen Standards in Myanmar werden aber nicht die gleichen sein wie in westlichen Ländern." Die Militärgewalt bezeichnete er als Reaktion auf Krawalle von Demonstranten.

Unterdessen wurden Medienberichten zufolge im nördlichen Shan-Staat mehr als ein Dutzend Polizisten bei einem Angriff bewaffneter ethnischer Gruppen getötet. Die Attacke auf eine Polizeistation in der Nähe der Stadt Lashio dauerte rund eine Stunde, wie das Portal "Myanmar Now" unter Berufung auf Zeugen berichtete. Erst als Hubschrauber der Junta zur Stelle kamen, zogen sich die Angreifer demnach zurück. Die Polizeistation habe in Flammen gestanden, mehrere Menschen seien verletzt worden.

Das Bündnis dreier Rebellengruppen hatte Ende März gedroht, die Bevölkerung zu unterstützen, sollte die Junta die Gewalt nicht beenden. Die neue Militärführung müsse die politische Krise lösen und auf die Forderungen der Bevölkerung eingehen. Wenn das Militär diese Forderungen nicht erfülle und weiter töte, dann werde man den Menschen dabei helfen, sich selbst zu verteidigen, hieß es damals in einer Mitteilung.

Im Vielvölkerstaat Myanmar leben 135 staatlich anerkannte Ethnien. Besonders im Kachin-Staat im Norden und im Shan-Staat im Osten kommt es schon lange zu immer neuen Kämpfen zwischen dem Militär und bewaffneten Gruppen. Mehr als 20 ethnische Gemeinschaften kämpften landesweit schon lange vor dem Umsturz für mehr Autonomie und Selbstbestimmung. (APA, 10.4.2021)