Unternehmen geben sich in ihren Kodizes und Berichten gerne grün, ohne die Folgen ihrer Tätigkeit zu kontrollieren.

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Unternehmen sind einem zunehmenden Druck ihrer Kunden, Investoren, Mitarbeiter, NGOs und anderer Interessengruppen ausgesetzt, Strategien zur Unternehmensethik und zur sozialen und ökologischen Verantwortung – der Corporate Social Responsibility (CSR) – zum Einsatz zu bringen.

Die entsprechende EU-Richtlinie (2014/95/EU) wurde in Österreich mit dem Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz umgesetzt. Bestimmte große Kapitalgesellschaften haben jährlich im Lagebericht eine nichtfinanzielle Erklärung aufzunehmen oder einen gesonderten nichtfinanziellen Bericht zu veröffentlichen. Die Erklärung, die sich auf internationale Rahmenwerke – z. B. die Standards der Global Reporting Initiative (GRI) – stützen kann, muss sich auch auf Umweltbelange beziehen.

Unverbindliche Berichte

Greenwashing stellt vor allem in internationalen Lieferketten ein Problem dar. Großkonzerne, die sich häufig an der Spitze von Lieferketten befinden, bewerben ihre Nachhaltigkeitskonzepte in rechtlich unverbindlichen Ethikkodizes und CSR-Berichten. Nicht selten werden Missstände im Klima- und Umweltbereich bei den zahlreichen internationalen Subunternehmen sowie Zulieferern einfach hingenommen bzw. nicht kontrolliert und negative Auswirkungen auf die Umwelt nicht in die Nachhaltigkeitsberichterstattung aufgenommen.

Kürzlich hat das Europäische Parlament einen Bericht mit Empfehlungen an die Kommission zur Sorgfaltspflicht und Rechenschaftspflicht von Unternehmen (2020/2129, INL) vorgelegt.

Der Bericht enthält den Entwurf für eine EU-Richtlinie, die dafür sorgen soll, dass Unternehmen für nachteilige Auswirkungen auf die Menschenrechte sowie die Umwelt entlang der gesamten Wertschöpfungskette zur Verantwortung herangezogen werden. In Österreich könnte eine derartige EU-Richtlinie – so wie derzeit in Deutschland – zu einem umfangreichen Lieferkettengesetz führen.

Unerlässliche Maßnahmen

Was sollte ein solches Gesetz enthalten? Aus Sicht des Autors wären mehrere Maßnahmen unerlässlich, um Greenwashing zu reduzieren oder zu verhindern:

Unternehmen sollten für bestimmte freiwillige CSR-Maßnahmen, insbesondere im Umwelt -und Klimabereich, die über gesetzliche Mindeststandards hinausgehen, mit Steuererleichterungen belohnt werden. Es empfiehlt sich eine spürbare Senkung der Körperschaftssteuer für Unternehmen, die folgende CSR-Maßnahmen entlang einer internationalen Lieferkette kumulativ umsetzen: So sollten Unternehmen belohnt werden, wenn sie

  • sich im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung für die umfassende Option anstatt nur für die Kernvariante der GRI-Standards entscheiden;
  • dafür Sorge tragen, dass sie alle Lieferkettenmitglieder zur Umsetzung ihrer grünen CSR-Strategien rechtlich verbindlich verpflichten – z. B. durch die Verankerung von entsprechenden Vertragsbestimmungen oder durch die Unterzeichnung von Ethikkodizes, die so vertragliche Verbindlichkeit erlangen); und
  • die Einhaltung ihrer CSR-Strategien durch die Lieferkettenmitglieder durch unangekündigte Überprüfungen vor Ort unter Heranziehung von unabhängigen Dritten überwachen. Vertragsverletzungen könnten in internationalen Schiedsverfahren eingeklagt werden. Die meisten internationalen Verträge enthalten Schiedsklauseln. Die New York Convention ermöglicht die internationale Anerkennung und Durchsetzung von Schiedssprüchen.

Interne Kontrolle

Um die interne Kontrolle zu optimieren, sollten Kapitalgesellschaften einen CSR-Ausschuss installieren, der aus unabhängigen (gegenüber Management und den kontrollierenden Anteilseignern) Aufsichtsratsmitgliedern besteht und in Analogie zum Finanzexperten des Prüfungsausschusses im Aktiengesetz mit zumindest einem CSR-Experten besetzt wird.

CSR-Berichte bedürfen einer inhaltlich umfangreichen externen Überprüfung durch unabhängige Dritte. Es ist äußerst fraglich, ob dazu Abschlussprüfer oder Rechtsanwaltskanzleien geeignet sind.

Dazu braucht es CSR-Sachverständige mit entsprechenden Kenntnissen und praktischer Erfahrung. Das könnte am besten durch staatlich zertifizierte Experten oder durch die Einrichtung einer neuen staatlichen Behörde gewährleistet werden.

Lohn für Whistleblowing

Whistleblowing, also die Meldung bestimmter Missstände im Unternehmen, soll nach dem Vorbild des US-amerikanischen Dodd-Frank Act finanziell belohnt werden, wenn es wirklich zur Aufdeckung von entsprechendem Fehlverhalten entlang der Lieferkette führt. Das gilt vor allem für den Klima- und Umweltbereich.

Abseits der Gesetzgebung wäre es notwendig, für die Erarbeitung von umweltbezogenen Schiedsregeln durch institutionelle Schiedsinstitutionen einzutreten, etwa des Vienna International Arbitral Centre. Derartige Schiedsregeln könnten von Listen begleitet werden, in die etablierte Umwelt-NGOs aufgenommen werden.

Die Vereinbarung dieser umweltspezifischen Schiedsregeln zwischen Vertragsparteien sollte mit der Einwilligung einhergehen, einzelnen auf der Liste befindlichen Umwelt-NGOs die Einbeziehung in Schiedsverfahren mit Umweltbelangen zwischen den Vertragsparteien zu ermöglichen. (Adolf Peter, 12.4.2021)