Eine Überwachungskamera soll sicherstellen, dass der Postbote bei der Vorzimmerzustellung keinen Unfug anstellt.

Foto: Nuki Home Solutions

Man kennt das: Ewig wartet man zu Hause, bis der Bote das Paket bringt, geht dann nur kurz zum Bäcker – und wird beim Heimkommen von einem Zettel begrüßt, laut dem man das Paket demnächst irgendwo anders selbst abholen soll.

Peter Umundum, Vorstand für Paket & Logistik bei der Österreichischen Post, brüstet sich zwar damit, dass zuletzt fast 95 Prozent aller Postpakete bereits beim ersten Versuch zugestellt wurden – was freilich auch am ungewollten Trend zum Homeoffice liegt. Dennoch will er den "Kampf gegen den gelben Zettel", wie er sagt, weiter vorantreiben. Daher startet die Post gemeinsam mit A1 und Nuki ein Projekt namens "Vorzimmerzustellung", bei dem der Postbote das Paket direkt in der Wohnung ablädt.

Smartes Türschloss lässt den Postboten eintreten

Möglich wird das, indem die Wohnungstür mit einem smarten Türschloss von Nuki ausgestattet wird. Dieses wird an der Wohnungsseite der Tür angebracht und ermöglicht die kontaktlose Öffnung der Tür, indem man von außen ein dafür berechtigtes Smartphone an diese hält.

Ist das smarte Türschloss an der Tür angebracht, so erteilt der Empfänger dem Zusteller die entsprechende Berechtigung, sodass dieser die Tür mit dem Handy öffnen kann. Der Postbote klingelt daraufhin wie gewohnt an der Tür. Ist niemand zu Hause, betritt er mithilfe des smarten Türschlosses das Vorzimmer und stellt das Paket an einer Stelle ab, die mit einer gelben Matte markiert wurde.

Foto: Österreichische Post

Auf Wunsch wird der Prozess innerhalb der Wohnung mit einer Überwachungskamera gefilmt. Der Empfänger kann die Zustellung somit via App live oder auch im Nachhinein verfolgen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Postbote keinen Unfug in der Wohnung des Empfängers anstellt.

Bedenken zu Sicherheit und Datenschutz

Trotz der Sicherheitsvorkehrung mit der Überwachungskamera dürften die traditionell skeptischen Österreicherinnen und Österreicher aber noch zögerlich bei der Frage sein, ob man einen fremden Boten in die eigenen vier Wände lassen soll. Oder etwa nicht? Umundum gibt sich in dieser Hinsicht recht zuversichtlich, zumal die Post ein "hohes Grundvertrauen in der österreichischen Bevölkerung" genieße, wie er sagt.

Etwas konkreter wird in dieser Hinsicht Martin Pansy, Gründer und CEO von Nuki Home Solutions: Es stelle sich dabei auch die Frage, wem man vertraue und Zutritt gebe, sagt er. Und dem Boten erteilt man eben bewusst die entsprechende Berechtigung – viele Österreicherinnen und Österreicher würden ihre Postboten ja auch persönlich kennen. Außerdem zeige die Erfahrung, dass die Menschen immer mehr den Nutzen eines smarten Türschlosses erkennen, je länger sie eines besitzen, sagt Pansy.

In Bezug auf das smarte Türschloss selbst betont er, dass Nuki europaweit bereits 175.000 smarte Türschlösser installiert habe – bisher habe es keinen einzigen sicherheitsrelevanten Vorfall gegeben. An der Funktionalität des bereits bestehenden Türschlosses ändere das Nuki-Schloss nichts. Und das digitale Schloss sei entsprechend verschlüsselt.

Die Sicherheitskamera wiederum ist Teil des Smart-Home-Pakets von A1. Sie kann, aber muss nicht zwingend in Kombination mit dem smarten Türschloss verwendet werden. Sowohl das Nuki-Türschloss als auch die Smart-Home-Lösung von A1 sollen den Empfänger warnen, falls der Bote die Tür nicht korrekt schließen sollte, betonen die Anbieter.

Preise und Verfügbarkeit

Die Vorzimmerzustellung ist noch nicht kommerziell verfügbar, sondern muss vorher noch einen Test mit 100 freiwilligen Testpersonen, die mindestens 18 Jahre alt sind und ihren Wohnsitz in Wien, Niederösterreich oder Graz haben, durchlaufen. Testzeitraum ist von Juli bis Dezember 2021, Anmeldefrist ist der 23. Mai. Die Anmeldung ist unter post.at/vorzimmer-zustellung möglich.

Foto: Österreichische Post

Neben der Nutzung des eigentlichen Services bekommen die Testpersonen auch ein Jahr kostenlosen Zugang zum Service "Alles Post": Mit diesem ist es möglich, auch die Pakete anderer Logistiker über die Post verschicken zu lassen. Was in diesem Fall heißt: Jedes der Pakete landet in der eigenen Wohnung – und nicht in einem weit entfernten Paketshop.

Das Pricing für das kommerzielle Angebot wird derzeit noch erstellt. Laut Umundum ist es aber auch denkbar, dass dieses in das Angebot von "Alles Post" integriert wird. Marcus Grausam, CEO von A1, verweist zwecks Orientierung in puncto Pricing auf die Preise des Smart-Home-Pakets von A1. Dieses ist neben dem smarten Türschloss und der Überwachungskamera aber auch noch mit anderen Services kompatibel – etwa mit smarten Lampen, Sirenen und Thermostaten.

Die Zukunft ist eisgekühlt

Umundum betont, dass die Post mit diesem Projekt innerhalb Österreichs der Pionier ist. Europaweit gibt es jedoch vergleichbare Projekte, Nuki kooperiert etwa auch mit Partnern in den Niederlanden und Belgien. Ausprobiert wird derzeit auch eine "In-Fridge-Zustellung" in Kooperation mit einem Supermarkt: In diesem Fall wird verderbliche Ware nicht bloß im Vorzimmer abgestellt, sondern gleich im Kühlschrank eingeräumt. (Stefan Mey, 12.4.2021)