Ist das real, oder bilde ich mir das nur ein? Diese Frage stellt sich der Betrachter des von oben bis unten gelb eingefärbten Hauses in Gallneukirchen in Oberösterreich unweigerlich. Genau das war auch die Intention des Malermeisters und Hobbykünstlers Leopold Hackl-Lehner.

Leopold Hackl-Lehner

"Die Menschen dachten zuerst, das gelbe Haus sei ein Aprilscherz", erzählt Hackl-Lehner. Immerhin erstrahlt das Gebäude, das früher der Diakonie gehört und geflüchteten Familien ein Zuhause geboten hat, seit exakt 1. April in gelber Frische. Innerhalb eines Tages wurde die Farbe vom Boden aus mithilfe eines Spritzgeräts von vier Metern Länge, an dessen Ende ein Sprühkopf befestigt ist, aufgetragen.

Tatsächlich ist die Farbe aber nur ein Teil von Hackl-Lehners Projekt "Spazierengehen!?". Im gleichnamigen Kurzfilm spaziert Hackl-Lehner als Protagonist durch die Innenräume des zu Beginn noch nicht gelb eingefärbten Hauses – und gleich das erste Zimmer verwirrt. An dessen Wände sind die Worte Blau, Rot, Gelb und Grün jeweils in anderen Farben geschrieben. Will man dem Betrachter hier etwas einreden?

Foto: Leopold Hackl-Lehner

Im nächsten Raum hängt ein Fichtenbaum quer von der Decke. Er soll die Frage in den Raum stellen, ob hier Querdenker oder gar Verschwörungstheoretiker wohnen. Zudem werden Bilder der aktuell häufig stattfindenden, verbotenen Demos in Wien eingespielt. Diesen verdankt das Projekt auch seinen Namen.

"Seit die Demonstranten der verbotenen Corona-Demos in Wien ihren Aufmarsch mit einem Spaziergang rechtfertigen, hat sich die Dimension des Spazierengehens verändert", erklärt Hackl-Lehner.

Leopold Hackl-Lehner

Ein Zimmer weiter zeigt sich ein Kriegsschauplatz. Die Wände sind mit Blut bespritzt. Darauf sind die Namen von 27 Ländern geschrieben, in denen aktuell Krieg herrscht.

Foto: Leopold Hackl-Lehner

Der letzte Raum, der den Protagonisten dazu bringt, geschockt nach draußen zu laufen, soll der Öffentlichkeit (vorerst) verborgen bleiben und erst im Film präsentiert werden.

Eine abschließende Szene zeigt den Protagonisten, der sich dem Haus zuwendet, das plötzlich gelb eingefärbt ist.

Leopold Hackl-Lehner

Ob das Erlebte nun ein Albtraum oder doch Realität war, muss der Zuseher entscheiden. Hackl-Lehner meint dazu: "Ein derart gelbes Haus ist ja auch nicht die Wahrheit."

Der Film soll Mitte Mai erscheinen. Zu diesem Zeitpunkt ist das knallgelbe Haus schon Geschichte, es wird am 3. Mai abgerissen. (Julia Beirer, 14.04.2021)

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