In den kommenden Wochen sollen Tausende Unterhosen unter die Erde kommen. Der Vorher-Nachher-Vergleich verrät viel über die lokale Bodenbeschaffenheit.

Foto: Agroscope/Uni Zürich

In der Schweiz soll landesweit weiße Unterwäsche in der Erde verschwinden – alles im Dienste der Wissenschaft. Zur Untersuchung der Bodenqualität verschickt die staatliche Forschungsstelle Agroscope dieser Tage 2.000 Baumwollunterhosen an Gartenbesitzer und Bauern. Die freiwilligen Studienteilnehmer erhalten jeweils zwei Stück, die im Boden vergraben werden. Danach wird untersucht, wie stark die Textilien von winzigen Lebewesen zersetzt wurden, um Aussagen über die Bodenqualität zu treffen.

Billionen von Kleinstlebewesen tummeln sich im Boden. Je vielfältiger die Welt der Pilze, Bakterien und anderen Organismen ist, desto gesünder der Boden. Denn die winzigen Bewohner futtern Pflanzenreste und machen die darin enthaltenen Nährstoffe wieder verfügbar. Dies gilt auch für im Boden vergrabene Baumwoll-Unterhosen. Je schneller der Abbau der Unterhosen stattfindet, desto mehr Lebewesen leben im Boden. Das ist zumindest die Erwartung, die im Citizen-Science-Projekt "Beweisstück Unterhose" geprüft werden soll.

Unterhosen kommen per Post

Aus allen Landesteilen – von Genf bis ins Engadin, vom Tessin bis nach Basel – haben sich Personen gemeldet, die am Experiment teilnehmen wollen, wie Ökologe Marcel van der Heijden von Agroscope und der Uni Zürich berichtete. Tausend Freiwillige erhalten dieser Tage per Post zwei Paar standardisierte, weiße Unterhosen aus Biobaumwolle zugeschickt. Diese sollen sie Ende April in ihren Feldern, Wiesen und Beeten vergraben.

Eine der Unterhosen wird nach einem Monat wieder aus dem Boden geholt, die andere nach zwei Monaten. Die verrotteten Kleidungsstücke sollen dann fotografiert und digital ausgewertet werden, um den Grad der Zersetzung präzise zu erfassen – je zerfressener die Baumwolle, desto zahlreicher und aktiver die Bodenlebewesen.

Video: Mit Teebeuteln und Unterhosen den Boden erforschen
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Gefährdetes Bodenuniversum

Eines der Hauptziele des Projekts sei es, das Bewusstsein für das Universum im Boden und dessen Nutzen für die Nahrungsproduktion zu schärfen, sagte van der Heijden. Denn die wertvolle Ressource sei durch Erosion, Überbauung und den hohen Einsatz von synthetischem Dünger sowie Pflanzenschutzmittel weltweit gefährdet.

Zusätzlich vergraben die Teilnehmenden direkt neben den Unterhosen jeweils sechs Teebeutel der Marke Lipton. Denn diese sind in der Bodenforschung bereits gut etabliert. Als wissenschaftliche Referenz gilt der sogenannte "Tea Bag Index", bei dem die Abbaurate der Teekräuter als Indikator für ein aktives Bodenleben genutzt wird.

So lassen sich die zwei "Beweisstücke" nach der Ausgrabung vergleichen, um zu prüfen, ob sich auch Unterhosen als Werkzeug einsetzen ließen, um die Bodengesundheit zu bestimmen.

Bodenproben fürs Labor

Parallel entnehmen die Teilnehmenden, 500 Landwirte sowie 500 Hobbygärtner, ebenfalls ein Häufchen Erde aus ihrer Heimat. Die Forschenden werden diese Bodenproben im Labor analysieren, um die Zusammensetzung und mikrobielle Vielfalt zu bestimmen. Ziel ist es, ein umfassendes Bild der Schweizer Bodenqualität zu erhalten. Die Ergebnisse des Experiments sollen in einen wissenschaftlichen Fachartikel einfließen. (red, APA, 13.4.2021)