16 Tore und 16 Assists in 33 Spielen: Raphael Holzhauser ist das Um und Auf im Spiel des Beerschot Voetbalclub Antwerpen.

Foto: imago images/Panoramic Internati

De Gouden Schoen: Im Jänner landete Raphael Holzhauser bei der Wahl zu Belgiens Fuballer des Jahres – es werden nur Spieler der Liga berücksichtigt – auf Rang zwei.

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Zum Glück ist Raphael Holzhauser nicht nachtragend, er nimmt die negativen Postings im STANDARD gelassen hin. "Jeder soll seine Meinung haben", sagt der Niederösterreicher. "Ist Holzhauser wirklich so schlecht, dass er dort spielen muss?", hatte ein Leser im Juni 2019 gefragt. "Schön langsam sollte ihm ein Licht aufgehen", schrieb ein weiterer Kenner. Holzhauser hatte damals beim Koninklijke Beerschot Voetbalclub Antwerpen, kurz Beerschot VA, unterschrieben. Die Community war sich einig: Er sei endgültig in der Pampa, er habe sich hinuntergearbeitet, er sei ein "Proponent des gepflegten Seniorenkickerls".

Keine zwei Jahre später steigt der 28-Jährige im Smoking aus der Limousine. Bei der Wahl zu Belgiens Fußballer des Jahres wird der Mittelfeldspieler auf Platz zwei gewählt. Belgien ist nicht die Pampa, das Nationalteam ist die Nummer eins der Weltrangliste. Holzhauser ist kein Stehgeiger, sondern mit 16 Toren und 16 Assists die Nummer eins der Scorerliste. Das weckt Begehrlichkeiten. Immer wieder ist vom Interesse der prominenten Ligakonkurrenz aus Brügge und Genk zu lesen. Ein Transfer könnte teuer werden, der Vertrag in Antwerpen läuft bis 2023. Sehen wir den besten Holzhauser aller Zeiten? "Von der Statistik her auf jeden Fall", sagt er.

Die Statistik sieht Holzhauser in der Scorerliste der zehn stärksten europäischen Ligen hinter Robert Lewandowski, Lionel Messi und Harry Kane auf Rang vier. Qualitätsnachweis? Zahlenspielerei? Was hat das zu bedeuten? "Das möchte ich gar nicht einordnen. Das ist Gott sei Dank nicht mein Job. Es ist schön, solche Namen zu hören, aber das sind ganz andere Kaliber." Jedenfalls fühlt sich Holzhauser in Flandern pudelwohl: "Antwerpen ist eine wunderschöne Stadt, es gibt viel Grün. Ich fühle mich willkommen. Das ist ein wichtiger Faktor, das wirkt sich positiv auf mein Spiel aus."

Schwieriger Start

Dabei hatte sich der Karriereabschnitt in Belgien eher ungünstig angelassen. Als Holzhauser bei Beerschot unterschrieb, ging er davon aus, in der Jupiler Pro League, also erstklassig, zu spielen. Der Verein hatte zwar den Aufstieg in einem Playoff gegen den KV Mechelen verpasst, allerdings sollte der Lokalrivale wegen Korruptionsvorwürfen aus der ersten Liga ausgeschlossen werden. In zweiter Instanz wurde das Urteil gegen Mechelen aufgehoben – und Holzhauser fand sich in der wenig prestigeträchtigen Proximus League wieder: "Das kam dann doch überraschend."

Läuft.
K. Beerschot V.A.

Mittlerweile spricht der Filigrantechniker von einer der besten Entscheidungen seiner Karriere. Er verhalf Beerschot in seiner ersten Saison zum Aufstieg, aktuell steht der Voetbalclub auf dem sechsten Tabellenrang. Holzhauser spielt wie einst bei der Austria in Violett, ist in Belgien aber offensiver positioniert: "Bei der Austria wurde ich weiter hinten eingesetzt. Vielleicht war es nicht immer schön anzusehen, aber es hat ja nicht so schlecht funktioniert. Wir waren Vizemeister, in der Gruppenphase der Europa League. Darüber würde man sich heute freuen." Wie wahr.

Trainer Thorsten Fink hielt bei der Austria große Stücke auf seinen Regisseur. Der Deutsche schnitt sein ganzes System auf Holzhauser zu. Als Fink später beim Grasshopper Club Zürich anheuerte, lotste er auch seinen Liebling in die Schweiz. Aber was in Wien funktionierte, ging in Zürich gewaltig schief. Nach einem Trainerwechsel wurde der Vertrag im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst: "Meine Zeit in der Schweiz verlief enttäuschend, das ist nicht schönzureden. Aber das Geschäft ist schnelllebig, ich habe immer an meine Stärken geglaubt."

Ruhige Reizfigur

Zu seinen Stärken zählt neben den maßgeschneiderten Vorlagen auch die innere Ruhe. Mit seiner Gelassenheit brachte Holzhauser die Rapid-Fans im Wiener Derby regelmäßig auf die Palme: "Ich war die Reizfigur. Bei der Austria habe ich immer Rückhalt und Anerkennung gespürt. Dass man bei den Gegnern nicht so beliebt ist, liegt in der Natur der Sache."

Der Konflikt erreichte seinen Höhepunkt, als er im Allianz-Stadion von einem Ordner in Crocs angepöbelt wurde. Tragen die Ordner in Belgien auch Plastikschlapfen? "Ich habe noch keinen gesehen, aber wir spielen ja auch ohne Publikum. Das ist schade. Ich hoffe, dass so schnell wie möglich wieder Fans ins Stadion kommen dürfen. Die können gerne auch Crocs tragen."

Und was sagen die Leser des STANDARD jetzt? "Hätte ich ihm nicht zugetraut. Er macht seinen Weg, find ich gut." (Philip Bauer, 13.4.2021)