US-Geigerin Hilary Hahn erinnert sich an Paris.

Michael Patrick O'Leary

Hilary Hahn – Paris

Das allzu putzige Cover soll nicht ernst genommen werden: US-Geigerin Hilary Hahn zeigt auf Paris (Deutsche Grammophon) gleich bei Ernest Chaussons Poème ihre Befähigung, wehmütige Kantilenen Richtung verzweifelten Gesang zu steigern. Nicht harmlos. Mit dem Orchestre Philharmonique de Radio France unter Mikko Franck entfaltet die sensible Virtuosin ihre Qualitäten auch bei Deux Sérénades von Einojuhani Rautavaara. Interessant: Erst nach dem Tod des Finnen (2016) stellte sich heraus, dass dieses für Hahn geschriebene Werk existiert.

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Gidon Kremer – Mieczysław Weinberg

Es wird nicht lange gefackelt: Weinbergs Violinkonzert op. 67 (Accentus Music) klopft nicht leise an, es tritt die Tür ein. Klar: Gidon Kremer ist der ideale Risikogeiger, um solch’ Dramatik zu gestalten, wobei – es weist das Werk des Stilverwandten von Schostakowitsch, dessen Hauptwerk die Oper Die Passagierin darstellt, auch zerbrechliche, ängstliche und schummrig-kühle Züge auf. Kremers rhetorische Künste, umgarnt vom Gewandhausorchester unter Daniele Gatti, verlebendigen auch diese Verletzlichkeit. Direkt, ungeschminkt.

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Dr. Lonnie Smith – Breathe

Es groovt subtil, die leicht fragile Stimme von Iggy Pop haucht den Klassiker Why Cant We Live Together. Dann jener, um den es geht: Organist Dr. Lonnie Smith (Jahrgang 1942) zeigt auf Breath (Blue Note) perfektes Timing, ob es um jazzige Linien geht oder um soulig-fette Akkordakzente. Monks Epistrophy erfährt denn auch eine charmant funkige Neudeutung. Final dreht der smarte Doktor noch eine soulige Runde mit Iggy, der sich um Donnavans Sunshine Superman bemüht. Diese Musik grinst nicht blöd, bringt aber gute Laune. (Ljubisa Tosic, 13.4.2021)

Blue Note Records