In Österreichs Basketball wuchsen die Bäume in der Vergangenheit nicht in den Himmel. Die vorerst letzte EM-Teilnahme liegt 44 Jahre zurück, internationale Glanzlichter sucht man vergeblich. Das könnte sich ändern. Was im traditionellen Spielformat fünf gegen fünf bislang aus vielerlei Gründen scheiterte, ist bei drei gegen drei (3×3) Realität: Österreichs Korbjäger können mit der Weltklasse mithalten.

Das "Team Graz", angeführt von den ehemaligen Nationalspielern Moritz Lanegger, Filip Krämer und Fabricio Vay, schlug am vergangenen Wochenende bei einem Turnier in Novi Sad Serbien, die Nummer eins der Welt. Im März feierte das 3×3-Team bereits einen Turniersieg in Israel und mit dem sechsten Platz beim höchst dotierten World Tour Masters in Doha das beste heimische Ergebnis in einem olympischen Mannschaftsballsport seit Jahrzehnten. Auch im Grazer Dom im Berg wurden bereits Körbe geworfen. Das große Ziel ist die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio.

Basketball-Party in Doha: Österreichs Kapitän Moritz Lanegger im Duell mit dem Team Harlem.
Foto: @FIBA3x3/Milad Payami

"Wir haben eine Nische gefunden, wo wir ganz oben mitspielen können. Die Ergebnisse geben uns recht, der Weg stimmt", sagt Kapitän Lanegger dem STANDARD. Der 31-jährige Steirer spielte viele Jahre in der Bundesliga und im Nationalteam, er schaffte es auch ins Ausland. Im vergangenen Jahr entschied er sich, auf die Streetball-Variante umzusatteln. "Die Chance, zu den Olympischen Spielen zu fahren, habe ich nur hier."

Freizeitboom

2017 wurde 3×3 olympisch, im Sommer steht in Tokio die Premiere an. Es hat gedauert. Die Streeball-Welle war bereits in den 1990er-Jahren aus den USA nach Europa und Asien geschwappt, im Freizeitsport ist es die am meisten verbreitete Spielform, besonders in Asien gibt es einen regelrechten Boom.

In Israel gab es den ersten Turniersieg für Lanegger, Matthias Linortner, Filip Krämer und Fabricio Vay (v. li.)
Foto: @3x3FIBA

Beim Österreichischen Basketballverband (ÖBV) hat man die Chance auf eine Olympiaqualifikation erkannt. Im vergangenen Jahr wurden Nationalteams für Herren und Damen gegründet. Es folgte ein bürokratischer Kraftakt, viele Telefonate mit dem Weltverband (Fiba), um das Team Graz als Senkrechtstarter bei internationalen Turnieren teilnehmen lassen zu können. Die Fiba hatte aufgrund der Pandemie Punkte und Weltranglistenplätze der Topteams eingefroren.

Professionelles Umfeld

Das Highlight des Jahres ist das Olympia-Qualifikationsturnier in Graz mit 40 Teams aus 36 Nationen (26. bis 30. Mai). Österreichs Herren treffen in Gruppe D auf die Niederlanden, Lettland, Kanada und Kroatien, die Damen auf Italien, Schweiz, Spanien und Taiwan. Die besten zwei pro Gruppe steigen ins Viertelfinale auf. Insgesamt werden je drei Tickets ausgespielt. "Wir sind nicht die Favoriten, aber wir haben eine Chance", sagt Lanegger.

Als Senkrechtstarter spielten sich Lanegger und Co innerhalb kürzester Zeit in die Weltelite.
Foto: @FIBA3x3 /Milad Payami

Der ÖBV hat einen guten Teil seiner bescheidenen Fördergelder in die Professionalisierung des 3×3-Sports investiert. Alle sechs Spieler im Kader sind beim Verband angestellt, trainieren zweimal täglich in der Wiener Sportuniversität auf der Schmelz, arbeiten mit einem Coach, einem Physio und einem Athletiktrainer. "Kein Bundesligist in Österreich hat so gute Bedingungen. Die Top-Teams auf der 3×3-Tour aus Serbien, Lettland oder den USA sind alle Profis. Daneben eine Meisterschaft im klassischen Hallenbasketball zu bestreiten geht sich nicht mehr aus", sagt ÖBV-Präsident Gerald Martens, der eine "Jahrhundertchance" für den heimischen Basketball sieht.

Die 3×3-Variante ist schneller und vor allem härter. Es wird nur auf einen Korb gespielt, für einen Wurf bleiben zwölf Sekunden Zeit, nach einem Korberfolg muss der Gegner den Ball hinter die Dreierlinie bringen, um einen neuen Angriff zu starten. Die Schiedsrichter lassen viel durchgehen, bei einem Turnier sind es oft drei bis vier Matches pro Tag. "Mir taugt das physische Spiel", sagt Lanegger, 1,90 Meter groß und kräftig wie ein Bär. Es läuft Musik während der Spiele. Vor dem Grazer Rathaus soll Ende Mai in einer Eventarena, wenn möglich vor Zuschauern, gespielt werden.

Mit dem Olympia-Qualiturnier ist das Projekt für Österreich jedenfalls nicht abgeschlossen. Lanegger: "Es gibt Europa- und Weltmeisterschaften, und Paris 2024 ist ein langfristiges Ziel. Da entsteht eine Dynamik." (Florian Vetter, 16.4.2021)