Kulturminister Lubomír Zaorálek will kein "Putzfetzen" sein.

Foto: imago / Katerina Sulova

Machtvakuum an der Spitze des tschechischen Außenministeriums: Nachdem Tomáš Petříček am Montag als Ressortchef abberufen worden war, sollte es Lubomír Zaorálek richten. Dieser ist gerade Kulturminister, war von 2014 bis 2017 bereits Außenminister und sollte nun erneut Chefdiplomat werden. So jedenfalls wollte es die Führung der Sozialdemokratie (ČSSD), der das Ressort zusteht.

Doch Parteichef und Vizepremier Jan Hamáček, der Zaorálek den Posten angeboten hatte, machte die Rechnung ohne den Wirt. Auf einer emotionalen Pressekonferenz am Dienstagvormittag erklärte Zaorálek, vorerst Kulturminister bleiben zu wollen. Das Außenministerium sei inzwischen inhaltlich ausgehöhlt, bei EU-Agenden oder den Beziehungen zu Russland würden Premier Andrej Babiš und Präsident Miloš Zeman zu viele Kompetenzen für sich beanspruchen. Er selbst mache für niemanden den "Putzfetzen", so Zaorálek.

Der als Außenminister gefeuerte Petříček galt als dezidiert EU-freundlich und als Kritiker der Koalition mit der liberal-populistischen Babiš-Partei Ano. Erst Ende vergangener Woche hatte er sich auf dem Parteitag der ČSSD um den Vorsitz beworben, in der Abstimmung gegen Hamáček jedoch verloren. Zu Petříčeks Programm hatte es auch gezählt, nach den im Herbst anstehenden Parlamentswahlen die Zusammenarbeit mit Ano nicht mehr fortzusetzen.

Nervosität vor der Wahl

Die Debatte nimmt derzeit auch deshalb an Fahrt auf, weil die ČSSD laut Umfragen an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnte und sich gegenüber Ano klar profilieren muss. Während einige, wie etwa Petříček, die Partei als sozialliberale Kraft stärker eigenständig positionieren wollen, sehen andere die Zukunft der Partei weiter an der Seite von Ano. Die Minderheitsregierung von Ano und ČSSD wird derzeit von den Kommunisten (KSČM) toleriert.

Petříčeks Abberufung als Minister, die Präsident Zeman schon seit längerem gefordert hatte, folgte nur zwei Tage nach seiner Niederlage auf dem Parteitag. Er brauche ein "Team, das mit einer Stimme spricht", erklärte Hamáček zur Begründung. Dasselbe Argument nennt nun allerdings auch Zaorálek, wenn er beklagt, dass Tschechien außenpolitisch nicht mit einer Stimme spreche: "Das Außenministerium hat heute nur dann Gewicht, wenn auch der Premier mitredet."

Laufende Kulturagenden

Zudem verwies Zaorálek auf seine laufende Arbeit für die Corona-gebeutelte Kulturbranche. "Ich bin kein Mensch, der sich irgendwo reindrängt", sagte er auf der Pressekonferenz im Kulturministerium. "Mir scheint es natürlich zu sein, die Arbeit hier fortzusetzen." Auch Vertreter verschiedener Kulturinstitutionen forderten angesichts der Krise durch die Pandemie seinen Verbleib.

Ganz hat der erfahrene Außenpolitiker Zaorálek am Dienstag die Tür zu seinem Ex-Ministerium aber nicht zugeschlagen. Er sei prinzipiell bereit, sich mit Premier Babiš über Änderungen im Bereich des Außenministeriums zu unterhalten. Auch bezüglich der Kulturagenden gelte, dass jeder ersetzbar sei. Bei der eventuellen Bestimmung eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin müssten aber Kompetenz und Vertrautheit mit der Materie im Mittelpunkt stehen.

Auch wenn Zaorálek seinem Ärger freien Lauf ließ und klar machte, dass er für eine überhastete Rochade nicht zur Verfügung steht: Ein endgültiges Nein war das, was auf der Pressekonferenz am Dienstag gesagt wurde, noch nicht. (Gerald Schubert, 13.4.2021)