Während der Kurzarbeitsperiode ist möglicher Fördermissbrauch kaum aufzuspüren, denn entscheidend ist allein die Endabrechnung.

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Wien – An Hinweisen auf Verdacht des Missbrauchs bei der Kurzarbeit mangelte es nicht. Es gab laut Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) 7072 Kontrollen von Betrieben, die zu 3816 Mitteilungen über Abweichungen gegenüber den Förderansuchen an das Arbeitsmarktservice (AMS) und die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) führten. In Anzeigen bei Polizei und Staatsanwaltschaft mündeten allerdings nur 230 Anzeigen. Das geht aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Neos an den Finanzminister hervor.

Nur gut ein Fünftel der in den vergangenen elf Monaten (von März 2020 bis Februar 2021) insgesamt 31.437 überprüften Betriebe hatte den Schwerpunkt auf Kontrolle der Kurzarbeit (KUA), wobei die korrekte Aufzeichnung der Arbeitszeit zu den wichtigsten Kriterien bei der Überprüfung auf Einhaltung der KUA-Regelungen zählt. Ende des Jahres hatten fast 50.000 Betriebe Kurzarbeit angemeldet, es wurden aber lediglich um die 200 Betriebe mit Einsatzschwerpunkt KUA kontrolliert.

Zu früh oder zu spät

Das liegt nicht nur an der unzureichenden personellen Ausstattung der Finanzpolizei, sondern an den flexiblen und somit für Betriebe komfortablen Bedingungen, unter denen diese staatliche Hilfe zur Überbrückung von Auftragsschwankungen oder Phasen der pandemiebedingten Geschäftsschließungen gewährt wird.

"Entweder wir sind zu spät oder zu früh dran", heißt es bei der Finanzpolizei. Maßgeblich, um Fördermissbrauch überhaupt auf die Spur zu kommen, sind demnach zwei Kriterien: fehlende oder nachweislich unrichtige Arbeitszeitaufzeichnungen der in Kurzarbeit geschickten Arbeiter und Angestellten sowie die Endabrechnung, die erst nach Ablauf einer Kurzarbeitsperiode beim AMS eingereicht wird und Basis für die Auszahlung des Fördergeldes ist. Verwirklicht ist das Delikt erst, wenn die Endabrechnung beim AMS eingereicht wurde, bis dahin können Betriebe allfällige Fehler korrigieren oder den Förderantrag zurückziehen – oder beim AMS einfach keine Endabrechnung einreichen und auf Förderung verzichten.

Kaum zu kontrollieren

Anzeigen können nur gelegt werden, wenn die Arbeitszeit in die Vergangenheit zurückreichte und die Endabrechnung beim AMS bereits eingereicht war, heißt es bei der Finanzpolizei unter Verweis auf Parallelen zur früheren Praxis, wonach Dienstnehmer bei der Sozialversicherung erst Tage nach Dienstantritt angemeldet werden mussten. "Mit unserem System erwischt man nur die Dummen."

Nicht gerade befeuert wird das Aufspüren von Missbrauch durch den Mangel in Fachpersonal in der Finanzpolizei. Der Beschäftigtenstand des operativen Teams ging laut Auskunft des Finanzministeriums seit 2015 von 460 auf 388 im Jahr 2021 zurück. Ausbaufähig ist auch die Vernetzung der Behörden. Die Finanzverwaltung hat beispielsweise keinen direkten Zugriff auf die Kurzarbeitsdaten des AMS.

Bau am häufigsten gefilzt

Nach Branchen betrachtet sind die Zahlen des Finanzministeriums zu den Kurzarbeitskontrollen übrigens aufschlussreich: Am meisten gefilzt wurde die Baubranche. Fast die Hälfte der 2020 und 2021 durchgeführten Kontrollen fanden in Bauindustrie- und Baugewerbe statt.

Im April erreichte die Kurzarbeit in der Baubranche mit 87.470 Betroffenen den Höchststand. Entsprechend verhalten war die Bautätigkeit, sie stockte im ersten Lockdown von Mitte März bis Mai 2020 signifikant, während im Juni nur mehr 16.537 Mitarbeiter in Kurzarbeit gemeldet waren. Im Juli halbierte sich deren Zahl auf 8396, bis September flachte sich die Inanspruchnahme der Kurzarbeitsbeihilfe auf 4137 Arbeitnehmer ab – da lag die Bautätigkeit bereits über dem Vergleichsmonat 2019 und zeigte somit regional Anzeichen einer Überhitzung. Im Jahresschnitt sank die Bautätigkeit um rund 3,5 Prozent.

Strengere Regeln nach Lockdown

Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker mahnt eine Reform der Kurzarbeit ein. Es brauche nach dem Lockdown dringend strengere Zugangsregeln und effizientere Kontrollmechanismen: "Kurzarbeit gehört zu den teuersten Maßnahmen zur Milderung der Folgen der Pandemie. Je größer der Kreis der Berechtigten und je laxer die Kontrollen, desto größer sind Mitnahmeeffekte und Missbrauchspotenzial." (Luise Ungerboeck, 14.4.2021)