Die Nachricht, dass sich Unternehmen der Abfallwirtschaft durch Absprachen den Markt untereinander aufgeteilt haben sollen, sorgte vor einem Monat für Aufsehen. Übersehen wurde dabei, dass bei solchen Mauscheleien die öffentlichen Auftraggeber oft selbst beteiligt sind.

In vielen Branchen ist es ein offenes Geheimnis, dass bei öffentlichen Vergabeverfahren der Gewinner schon im Vorhinein feststeht. Die Ausschreibung wird so gestaltet, dass nur ein Anbieter die Kriterien erfüllen kann – üblicherweise der Platzhirsch, den die Gemeinde oder Behörde gut kennt. Geht es um Technologie für die Krankenhäuser der Stadt Wien, dann kann Siemens meist mit dem Zuschlag rechnen – wie zuletzt für CT-Anlagen um insgesamt 8,5 Millionen Euro.

ÖVP und FPÖ werfen der Stadt Wien vor, eine Ausschreibung auf Siemens-Geräte zugeschnitten zu haben.
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Solche Ränke bleiben meist unbemerkt. Die Verlierer werden mit kleineren Aufträgen abgespeist, damit sie stillhalten. Wer klagt, verbaut sich die Aussicht auf zukünftige Geschäfte. Doch der japanische Konzern Canon hielt sich nicht an diese ungeschriebenen Gesetze – wohl auch, weil die Bevorzugung von Siemens in diesem Fall zu offensichtlich war. Er klagte gegen den Zuschlag und erhielt recht.

Dahinter steckt weniger ein politischer Skandal, wie ihn die Wiener Opposition wegen der engen Beziehungen von Siemens zur SPÖ Wien vermutet, als eine bürokratische Praxis, die nicht nur in der Bundeshauptstadt gang und gäbe ist. Kompetitive Vergabeverfahren mit wenig bekannten Bestbietern kosten Zeit und machen Arbeit; deshalb werden sie entweder vermieden oder zumindest frisiert.

Abgesehen davon, dass nationales und EU-Recht gebrochen wird, zahlt die Allgemeinheit einen hohen Preis: Aufträge werden teurer und innovative Lösungen seltener. Das Gerichtsurteil gegen den Wiener Gesundheitsverbund ist ein lautes Signal, dass das ungeliebte Vergaberecht ernst zu nehmen ist. (Eric Frey, 13.4.2021)