Ob sich Frauen gegen Covid-19 impfen lassen sollten, lässt sich nicht pauschal mit ja oder nein beantworten. Empirische Studien gibt es nicht. Erste Anhaltspunkte schon. Doch was sind die Fakten? Wie lauten die Empfehlungen seitens der Experten?

Um das Risiko für Schwangere zu minimieren, sollte der Partner und eventuell auch die Großeltern geimpft werden, sagen Expertinnen.
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Schwerere Verläufe

Während man zu Beginn der Pandemie noch davon ausging, dass Schwangere von Covid-19 nicht schwerer betroffen sind als andere Personengruppen, wurde dies mittlerweile revidiert. Nach aktuellem Kenntnisstand sind "schwere Verlaufsformen von Covid-19, die zu einer stationären Aufnahme oder einer intensivmedizinischen Versorgung führen, bei Schwangeren um etwa das Zweifache erhöht", berichtet Petra Pateisky, Fachärztin für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin an der Med-Uni Wien, bei einem Pressegespräch am Mittwoch. Das entspricht ungefähr den Werten, die man von der Influenza kennt.

Über 85 Prozent der schwangeren Frauen mit Covid-19 weisen jedoch nur leichte oder mittelschwere Symptome auf – ähnlich einer Erkältung. Eine Covid-19-Infektion in der Schwangerschaft könnte auch mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Präeklampsie – einer speziellen Form von Bluthochdruck – einhergehen, erklärt die die Gynäkologin.

Da die Schwangerschaft per se das Risiko einer Thrombose erhöht, wird vor allem bei schweren Verläufen, aber eventuell auch bei leichteren Covid-Erkrankungen eine Thromboseprophylaxe empfohlen, heißt es. Laut Studien sei auch das Gesamtrisiko für eine Frühgeburt im Vergleich zu Schwangeren ohne Covid-19 etwa um das Dreifache erhöht.

Auch das Risiko für Komplikationen bei der Geburt ist leicht erhöht, aber insgesamt gering. Vaginale Geburten sind aber dennoch möglich, sofern die Mutter keinen schweren Krankheitsverlauf hat, heißt es. Nach der Geburt sind allerdings strenge Hygienemaßnahmen einzuhalten, um eine Übertragung auf das Neugeborene zu verhindern. Eine Übertragung im Mutterleib sei allerdings äußerst selten.

Neue empirische Studien ausständig

Um das Risiko für Schwangere zu minimieren, sollte der Partner und eventuell auch die Großeltern geimpft werden. Teilweise wird das bereits gemacht. "Allein in der Steiermark haben 4.428 Personen dieses Angebot bereits in Anspruch genommen", betont die steirische Landesrätin für Bildung, Gesellschaft, Gesundheit und Pflege, Juliane Bogner-Strauß. Die Impfung von Schwangeren selbst ist zwar grundsätzlich möglich, allerdings: "Außerhalb der Zulassung aller bisher verfügbaren Impfstoffe," erklärt Pateisky.

Obwohl Schwangere bei allen Zulassungsstudien ausgeschlossen waren, sei es dennoch zu einigen Schwangerschaften gekommen. Die wurden dann genau beobachtet. Sowohl bei mRNA-Impfstoffen als auch bei Vektorimpfstoffen seien keine negativen Auswirkungen bekannt. Bei einem Vektorimpfstoff gegen Ebola existieren bereits Sicherheitsdaten von Schwangeren. Hier haben sich keine erhöhten Risiken für Mutter und Kind gezeigt, so die Experten.

Da keiner der zugelassenen Impfstoffe ein Lebendimpfstoff ist, wären sie aufgrund von theoretischen Überlegungen in der Schwangerschaft anwendbar. "Bisher sind keine negativen Auswirkungen bekannt", lautet Pateiskys Fazit. "Registerdaten von Impfungen bei Schwangeren insbesondere aus den USA mit bereits mehreren tausend Schwangeren zeigen bisher keine Sicherheitsrisiken."

Hersteller ziehen nach

Die Impfstoffe von Pfizer/Biontech, Astra Zeneca, Moderna und Johnson & Johnson haben derzeit aber keine Zulassung für die Verwendung in der Schwangerschaft. Hinsichtlich stillender Frauen liegen nur limitierte Daten vor. Um Covid-Schutzimpfungen auch für Schwangere anbieten zu können, braucht es Studienergebnisse, Daten und auch eine Zulassung. Einige der Covid-19-Impfstoffhersteller haben bereits mit Studien bei Schwangeren begonnen, erklärt Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller. Bis Ergebnisse vorliegen und eine Zulassung erteilt werden kann, "wird es aber noch einige Zeit dauern", vermutet sie.

Für Schwangere mit Vorerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder einer Autoimmunerkrankung kann eine Impfung infrage kommen. Die Entscheidung, ob eine Covid-Schutzimpfung während einer Schwangerschaft verabreicht werden sollte oder nicht, sollte jedenfalls individuell gemeinsam mit dem betreuenden Arzt getroffen werden, betont Pateisky.

Empfehlung bei Kinderwunsch

Die Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) schließt sich den internationalen Fachgesellschaften wie dem American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG), der Society for Maternal-Fetal Medicine (SMFM) sowie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an, Schwangeren nicht grundsätzlich die Möglichkeit der Impfung vorzuenthalten. Da diese eine besonders vulnerable und schützenswerte Personengruppe darstellen, ist es selbstverständlich, dass hier streng Nutzen und Risiko abzuwägen sind, heißt es.

Klar ist hingegen die Empfehlung bei Frauen mit Kinderwunsch. "Frauen mit Kinderwunsch, die derzeit die Möglichkeit haben, sich impfen zu lassen, sollten dies auch tun, empfiehlt Miriam Mottl von der Klinik für Gynäkologie, Geburtshilfe und Gynäkologische Endokrinologie am Kepler-Universitätsklinikum Linz. "Das bedeutet aber nicht, dass all jene, die noch nicht die Möglichkeit einer Impfung haben, ihren Kinderwunsch aufschieben sollten," heißt es weiter.

Aus Gründen der Vorsicht wird derzeit empfohlen, die Impfung etwa einen Monat vor einer geplanten Schwangerschaft durchführen zu lassen. Die Entscheidung über Nutzen und Risiko der Covid-Schutzimpfung während einer Schwangerschaft sollte jedenfalls individuell und gemeinsam mit dem betreuenden Arzt gefällt werden. (Julia Palmai, 14.4.2021)