Österreich ist laut Deloitte ein guter Standort, der aber sein Potenzial nicht ganz abruft.

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Die Bundesregierung liebt Rankings. Immer wieder betonen Regierungsmitglieder vom Bundeskanzler abwärts, wo Österreich im Vergleich zum Ausland – besonders im Vergleich mit den europäischen Nachbarn – steht, egal ob es um Testen, Impfen, Infektionszahlen oder auch Forschungsförderung geht. Die Sache mit Rankings ist aber, so schreiben Experten von Deloitte in einer neuen Studie, dass sie immer nur eine Momentaufnahme bieten und oft nach kurzer Zeit ihre Aussagekraft verlieren.

Gerade deshalb sei es wichtig, laufend zu evaluieren, wie Österreich im internationalen Vergleich abschneidet. Zum Beispiel bei der Standortattraktivität, die bei der am Donnerstag veröffentlichten Deloitte-Studie untersucht wird. Dabei stellen die Berater Österreich kein schlechtes Zeugnis aus, Verbesserungsbedarf sehen sie trotzdem.

Pessimistische Führungskräfte

Wie aus der jährlich durchgeführten Befragung heimischer Top-Führungskräfte hervorgeht, glauben aktuell nur mehr 27 Prozent der Führungskräfte, dass Österreich den Aufschwung im Vergleich zu anderen europäischen Staaten "gut" oder "sehr gut" meistern wird. Im Sommer 2020 waren es noch 64 Prozent.

In der Wirtschaft mache sich langsam, aber sicher Pandemiemüdigkeit breit, analysieren die Experten. Dazu komme die Sorge, dass ein zu langsames Wachstum den erhofften Neustart zur Hängepartie machen könnte.

Neustart

"Für unsere Volkswirtschaft ist es spielentscheidend, wie schnell wir wieder Fahrt aufnehmen können", betont Harald Breit, Partner und designierter CEO von Deloitte Österreich. "Wir müssen jetzt an den richtigen Stellschrauben drehen und die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um erfolgreich aus der Krise zu kommen."

Welche das sind, geht aus der Befragung der Wirtschaftsvertreter hervor: Bürokratieabbau und Digitalisierung. So ist die Senkung der Lohnnebenkosten 92 Prozent der Befragten ein Anliegen, die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, des Schulsystems und des Gesundheitssystems werden von mehr als 90 Prozent als wichtigste Maßnahmen genannt. Auch die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts sowie die Förderung von Investitionen – speziell im Bereich Umwelttechnologien – rangieren auf der Wunschliste weit oben.

Wo Österreich punktet

Ein bewährtes und positiv bewertetes Instrument für mehr Wachstum ist die Forschungsförderung: Die Hälfte der Befragten vergibt für dieses Modell Bestnoten und attestiert Österreich damit einen klaren Wettbewerbsvorteil.

Besonders gut schnitt Österreich in der Befragung heuer erneut in den Bereichen Infrastruktur und Lebensqualität ab. Hier werden Spitzenwerte erzielt: 86 Prozent der befragten Unternehmen bewerten die Energieversorgung mit "Sehr gut" oder "Gut", fast ebenso viele sind mit der Verkehrsinfrastruktur zufrieden. Die Qualität der Umwelt wird von 92 Prozent mit "Sehr gut" oder "Gut" bewertet, die individuelle Sicherheit von 93 Prozent.

Der türkis-grünen Krisenpolitik gaben die befragten Führungskräfte gute Noten, allerdings kritisierten sie vielfach eine mangelnde Rechtssicherheit im Zusammenhang mit den Maßnahmen. (red, 15.4.2021)