Die Regierung in Teheran hat am Dienstag ihre Entscheidung bekanntgegeben, Uran nun auf 60 Prozent anzureichern. Für Kernwaffen ist ein Reinheitsgrad von 90 Prozent erforderlich.

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Teheran – Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben sich am Mittwoch besorgt gezeigt über die iranische Ankündigung zur Anreicherung von Uran auf 60 Prozent. "Dies ist eine ernste Entwicklung, da die Herstellung von hoch angereichertem Uran einen wichtigen Schritt zur Produktion einer Nuklearwaffe darstellt", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der drei Staaten, die am internationalen Atomabkommen mit dem Iran beteiligt sind. Der Iran habe "keinen glaubwürdigen zivilen Bedarf für eine Anreicherung auf diesem Niveau". Die "gefährliche jüngste Ankündigung" stehe im Gegensatz zu der konstruktiven Atmosphäre der jüngsten Verhandlungen über die Wiederbelebung des Deals in Wien.

Der Iran sieht das hingegen anders: Obwohl der Iran mehrfach das 2015 geschlossene Atomabkommen gebrochen hat, will das Land nach den Worten von Präsident Hassan Rouhani die geplanten Verhandlungen über sein Nuklearprogramm fortsetzen. "Auch wenn wir nun unser Uran auf 60 Prozent anreichern wollen, haben wir weiterhin kein Problem mit Verhandlungen", sagte er am Mittwoch. Das gelte auch für Gespräche mit den USA.

Sobald das 2015 geschlossene Abkommen vertragsgerecht umgesetzt werde und die US-Sanktionen gegen sein Land aufgehoben seien, "wird der Iran am gleichen Tag zu all seinen technischen Verpflichtungen in dem Deal zurückkehren", versicherte Ruhani laut einer Mitteilung des Präsidialamts.

Schrittweise Verstöße gegen Deal

Das Abkommen von 2015 soll den Iran vom Bau einer Atombombe abhalten. Im Gegenzug sollte der Westen unter anderem Beschränkungen im Handel abbauen. Als Reaktion auf die vom Westen ausgebliebene Umsetzung der Zusagen verstößt der Iran seit 2019 selbst Schritt für Schritt gegen Auflagen. Als Vertragspartner verblieben sind nach dem Ausstieg der USA: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, China und Russland.

Die Entscheidung Teherans, sein Uran entgegen der Atomvereinbarung nun auf 60 Prozent anzureichern, ist laut Rouhani eine Reaktion auf den mutmaßlich israelischen Angriff am Sonntag auf die Atomanlage Natanz. Dabei wurden laut Atom-Chef Ali Akbar Salehi zahlreiche Zentrifugen beschädigt, die aber umgehend mit neueren ersetzt werden sollen. Das Uran soll demnach für medizinische Zwecke verwendet werden. Ziel Israels war es laut Teheran das iranische Atomprogramm zu schwächen und auch die Bemühungen zur Rettung des Atomabkommens zu sabotieren. Beides will der Iran verhindern.

Progressive Steigerung des Anreicherungsgrads

Bisher lag der Anreicherungsgrad im Iran bei 20 Prozent, obwohl im Atomabkommen nur weniger als vier Prozent erlaubt sind. Auch die Nutzung von schnelleren Zentrifugen ist ein Verstoß gegen den Atomdeal. Zwar reichen auch 60 Prozent für den Bau einer Atombombe nicht aus, aber es wird befürchtet, dass der Iran jederzeit den Prozess von 60 auf die für den Bombenbau nötigen 90 Prozent erhöhen könnte. Die iranische Führung hat mehrmals betont, dass sie keinerlei Interesse am Bau von Massenvernichtungswaffen habe.

Die Atomverhandlungen sollten am Mittwoch in Wien fortgesetzt werden, wurden aber auf Donnerstag verschoben, angeblich wegen eines positiven Corona-Tests bei einem der westlichen Diplomaten. (Reuters, APA, red, 14.4.2021)