Eine volle Intensivstation in Budapest.

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Bis einschließlich Dienstag hat das Gesundheitspersonal in Ungarn 3.037.023 Bürgern mindestens eine Impfung gegen Covid-19 verabreicht. 1.290.709 Menschen erhielten sogar schon eine zweite Dosis. Ministerpräsident Viktor Orbán ließ es sich nicht nehmen, sich selbst zu gratulieren, als ihm die Kunde vom Überschreiten der Drei-Millionen-Marke überbracht wurde. "Drei Millionen Geimpfte. Ein neuer Meilenstein", postete er am Dienstagnachmittag auf seiner Facebook-Seite.

Die zügige Impfkampagne gegen das Coronavirus ist in der Tat ein Erfolg. Er verdankt sich dem Umstand, dass Ungarn auch massiv Impfstoffe aus Russland und China einsetzt, die in der EU nicht zugelassen sind. Die EU-Regeln ermöglichen es, dass Mitgliedsländer eigene Notzulassungen erteilen.

Überfüllte Spitäler

Mit Stand Mittwoch sind nun knapp mehr als 30 Prozent der Ungarn erstgeimpft, knapp 13 Prozent vollständig immunisiert. Das Land kann es brauchen. Im Management der Maßnahmen zeigte nämlich der Rechtspopulist Orbán keine gute Hand. Der Lockdown kam zu spät, erste Öffnungen peilt der Regierungschef zu früh an, kritisieren die Ärztekammer sowie Vertretungen des Pflegepersonals.

Die Krankenhäuser sind überfüllt, das Personal ächzt unter der Last. 10.364 Covid-Patienten belegten am Mittwoch die Spitalsbetten, 1.204 von ihnen mussten künstlich beatmet werden. Wie viele Menschen über Letztere hinaus auf den Intensivstationen liegen, teilt die Regierung selten mit. Zuletzt, als sie es tat, befanden sich am 8. April mehr als 1.800 Covid-Patienten in Intensivpflege.

Höchste Rate

Schon mehrere Wochen hindurch sterben täglich zwischen 200 und 300 Ungarn an den Folgen von Covid-19. Die Rate an Verstorbenen in den letzten 14 Tagen pro Million Einwohner beträgt nach Berechnungen des Portals 444.hu 367. In keinem Land der Welt ist sie derzeit höher. In Österreich etwa beträgt sie 49.

Den schleichenden Zusammenbruch des ungarischen Gesundheitswesens unter der Corona-Last illustriert auch eine andere, selten zu hörende Angabe: 80 Prozent der Covid-Patienten, die an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden, überleben nicht, verriet Péter Takács, der stellvertretende Generaldirektor der staatlichen Krankenhausverwaltung, am Montagabend dem regierungsfreundlichen Nachrichtensender Hír TV. (Gregor Mayer aus Budapest, 14.4.2021)